[166. Absatz]
Sie sah bald von weitem die hohe Flamme des
Scheiterhaufens, die über den grünen Wald
emporstieg. Traurig sah sie gen Himmel, und freute
sich, wie sie Sophieens blauen Schleier erblickte,
der wallend über der Erde schwebte, und auf ewig
die ungeheure Gruft bedeckt. Die Sonne stand
feuerrot vor Zorn am Himmel, die gewaltige Flamme
sog an ihrem geraubten Lichte, und so heftig sie
es auch an sich zu halten schien, so ward sie doch
immer bleicher und fleckiger. Die Flamme ward
weißer und mächtiger, je fahler die Sonne ward.
Sie sog das Licht immer stärker in sich und bald
war die Glorie um das Gestirn des Tages verzehrt
und nur als eine matte, glänzende Scheibe stand es
noch da, indem jede neue Regung des Neides und der
Wut den Ausbruch der entfliehenden Lichtwellen
vermehrte. Endlich war nichts von der Sonne mehr
übrig, als eine schwarze ausgebrannte Schlacke,
die herunter ins Meer fiel. Die Flamme war über
allen Ausdruck glänzend geworden. Der
Scheiterhaufen war verzehrt. Sie hob sich langsam
in die Höhe und zog nach Norden. Fabel trat in den
Hof, der verödet aussah; das Haus war unterdes
verfallen. Dornsträuche wuchsen in den Ritzen der
Fenstergesimse und Ungeziefer aller Art kribbelte
auf den zerbrochenen Stiegen. Sie hörte im Zimmer
einen entsetzlichen Lärm; der Schreiber und seine
Gesellen hatten sich an dem Flammentode der Mutter
geweidet, waren aber gewaltig erschrocken, wie sie
den Untergang der Sonne wahrgenommen hatten.
(RUB 8939, S. 141)
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