[123. Absatz]
»Wie man das nimmt«, versetzte Klingsohr; »ein
anderes ist es mit der Natur für unsern Genuß und
unser Gemüt, ein anderes mit der Natur für unsern
Verstand, für das leitende Vermögen unserer
Weltkräfte. Man muß sich wohl hüten, nicht eins
über das andere zu vergessen. Es gibt viele, die nur
die eine Seite kennen und die andere geringschätzen.
Aber beide kann man vereinigen, und man wird
sich wohl dabei befinden. Schade, daß so
wenige darauf denken, sich in ihrem Innern frei
und geschickt bewegen zu können, und durch eine
gehörige Trennung sich den zweckmäßigsten und
natürlichsten Gebrauch ihrer Gemütskräfte zu
sichern. Gewöhnlich hindert eine die andere, und
so entsteht allmählich eine unbehülfliche
Trägheit, daß wenn nun solche Menschen einmal mit
gesamten Kräften aufstehen wollen, eine gewaltige
Verwirrung und Streit beginnt, und alles
übereinander ungeschickt herstolpert. Ich kann
Euch nicht genug anrühmen, Euren Verstand, Euren
natürlichen Trieb zu wissen, wie alles sich begibt
und untereinander nach Gesetzen der Folge
zusammenhängt, mit Fleiß und Mühe zu unterstützen.
Nichts ist dem Dichter unentbehrlicher, als
Einsicht in die Natur jedes Geschäfts,
Bekanntschaft mit den Mitteln jeden Zweck zu
erreichen, und Gegenwart des Geistes, nach Zeit
und Umständen, die schicklichsten zu wählen.
Begeisterung ohne Verstand ist unnütz und
gefährlich, und der Dichter wird wenig Wunder tun
können, wenn er selbst über Wunder erstaunt.«
(RUB 8939, S. 109–110)
[122. Absatz]
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[124.–125. Absatz]
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