[170. Absatz]
Sie trug die Kleider den ermüdeten Tänzerinnen
hin, die triefend von Schweiß umgesunken waren,
und sich einige Augenblicke von der ungewohnten
Anstrengung erholten. Mit vieler Geschicklichkeit
entkleidete sie die hagern Schönheiten, die es an
Schmähungen der kleinen Dienerin nicht fehlen
ließen, und zog ihnen die neuen Kleider an, die
sehr niedlich gemacht waren und vortrefflich
paßten. Sie pries während dieses Geschäftes die
Reize und den liebenswürdigen Charakter ihrer
Gebieterinnen, und die Alten schienen ordentlich
erfreut über die Schmeicheleien und die
Zierlichkeit des Anzuges. Sie hatten sich unterdes
erholt, und fingen von neuer Tanzlust beseelt
wieder an, sich munter umherzudrehen, indem sie
heimtückisch der Kleinen langes Leben und große
Belohnungen versprachen. Fabel ging in die Kammer
zurück, und sagte zu den Kreuzspinnen: ›Ihr könnt
nun die Fliegen getrost verzehren, die ich in eure
Weben gebracht habe.‹ Die Spinnen waren so schon
ungeduldig über das Hin- und Herreißen, da die
Enden noch in ihnen waren und die Alten so toll
umhersprangen; sie rannten also hinaus, und fielen
über die Tänzerinnen her; diese wollten sich mit
der Schere verteidigen, aber Fabel hatte sie in
aller Stille mitgenommen. Sie unterlagen also
ihren hungrigen Handwerksgenossen, die lange keine
so köstlichen Bissen geschmeckt hatten, und sie
bis auf das Mark aussaugten. Fabel sah durch die
Felsenkluft hinaus, und erblickte den Perseus mit
dem großen eisernen Schilde. Die Schere flog von
selbst dem Schilde zu, und Fabel bat ihn, Eros'
Flügel damit zu verschneiden, und dann mit seinem
Schilde die Schwestern zu verewigen, und das große
Werk zu vollenden.
(RUB 8939, S. 143–144)
[169. Absatz]
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[171.–172. Absatz]
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