[149. Absatz]
Der König umarmte seine Tochter mit Zärtlichkeit.
Die Geister der Gestirne stellten sich um den
Thron, und der Held nahm in der Reihe seinen Platz
ein. Eine unzählige Menge Sterne füllten den Saal
in zierlichen Gruppen. Die Dienerinnen brachten
einen Tisch und ein Kästchen, worin eine Menge
Blätter lagen, auf denen heilige tiefsinnige
Zeichen standen, die aus lauter Sternbildern
zusammengesetzt waren. Der König küßte
ehrfurchtsvoll diese Blätter, mischte sie
sorgfältig untereinander, und reichte seiner
Tochter einige zu. Die andern behielt er für sich.
Die Prinzessin zog sie nach der Reihe heraus und
legte sie auf den Tisch, dann betrachtete der
König die seinigen genau, und wählte mit vielem
Nachdenken, ehe er eins dazu hinlegte. Zuweilen
schien er gezwungen zu sein, dies oder jenes Blatt
zu wählen. Oft aber sah man ihm die Freude an,
wenn er durch ein gutgetroffenes Blatt eine schöne
Harmonie der Zeichen und Figuren legen konnte. Wie
das Spiel anfing, sah man an allen Umstehenden
Zeichen der lebhaftesten Teilnahme, und die
sonderbarsten Mienen und Gebärden, gleichsam als
hätte jeder ein unsichtbares Werkzeug in Händen,
womit er eifrig arbeite. Zugleich ließ sich eine
sanfte, aber tief bewegende Musik in der Luft
hören, die von den im Saale sich wunderlich
durcheinander schlingenden Sternen, und den
übrigen sonderbaren Bewegungen zu entstehen
schien. Die Sterne schwangen sich, bald langsam
bald schnell, in beständig veränderten Linien
umher, und bildeten, nach dem Gange der Musik, die
Figuren der Blätter auf das kunstreichste nach.
Die Musik wechselte, wie die Bilder auf dem
Tische, unaufhörlich, und so wunderlich und hart
auch die Übergänge nicht selten waren, so schien
doch nur Ein einfaches Thema das Ganze zu
verbinden. Mit einer unglaublichen Leichtigkeit
flogen die Sterne den Bildern nach. Sie waren bald
alle in Einer großen Verschlingung, bald wieder in
einzelne Haufen schön geordnet bald zerstäubte
der lange Zug, wie ein Strahl, in unzählige
Funken, bald kam durch immer wachsende kleinere
Kreise und Muster wieder Eine große, überraschende
Figur zum Vorschein. Die bunten Gestalten in den
Fenstern blieben während dieser Zeit ruhig stehen.
Der Vogel bewegte unaufhörlich die Hülle seiner
kostbaren Federn auf die mannigfaltigste Weise.
Der alte Held hatte bisher auch sein unsichtbares
Geschäft emsig betrieben, als auf einmal der König
voll Freuden ausrief: ›Es wird alles gut. Eisen,
wirf du dein Schwert in die Welt, daß sie
erfahren, wo der Friede ruht.‹ Der Held riß das
Schwert von der Hüfte, stellte es mit der Spitze
gen Himmel, dann ergriff er es und warf es aus dem
geöffneten Fenster über die Stadt und das Eismeer.
Wie ein Komet flog es durch die Luft, und schien
an dem Berggürtel mit hellem Klange zu
zersplittern, denn es fiel in lauter Funken
herunter.
(RUB 8939, S. 123–125)
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