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Aquarium > Das Werk > Heinrich von Ofterdingen (1799–1800) > [107. Absatz]


[107. Absatz]

»Ein schöner Prophet!« riefen die Mädchen. Schwaning freute sich herzlich. Sie machten noch einige Einwendungen, aber es half nichts. Sie mußten ihm die süßen Lippen hinreichen. Heinrich schämte sich nur vor seiner ernsten Nachbarin, sonst hätte er sich laut über das Vorrecht der Dichter gefreut. Veronika war unter den Kranzträgerinnen. Sie kam fröhlich zurück und sagte zu Heinrich: »Nicht wahr, es ist hübsch, wenn man ein Dichter ist?« Heinrich getraute sich nicht, diese Frage zu benutzen. Der Übermut der Freude und der Ernst der ersten Liebe kämpften in seinem Gemüt. Die reizende Veronika scherzte mit den andern, und so gewann er Zeit, den ersten etwas zu dämpfen. Mathilde erzählte ihm, daß sie die Gitarre spiele. »Ach!« sagte Heinrich, »von Euch möchte ich sie lernen. Ich habe mich lange darnach gesehnt.« – »Mein Vater hat mich unterrichtet. Er spielt sie unvergleichlich«, sagte sie errötend. – »Ich glaube doch«, erwiderte Heinrich, »daß ich sie schneller bei Euch lerne. Wie freue ich mich Euren Gesang zu hören.« – »Stellt Euch nur nicht zu viel vor.« – »O!« sagte Heinrich, »was sollte ich nicht erwarten können, da Eure bloße Rede schon Gesang ist, und Eure Gestalt eine himmlische Musik verkündigt.«

(RUB 8939, S. 103–104)

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Letzte Änderung am 04.02.2002.
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