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»Es ist nur so schlimm«, sagte der Graf von
Hohenzollern, »daß selbst die wenigen, die sich
der Aufzeichnung der Taten und Vorfälle ihrer Zeit
unterzogen, nicht über ihr Geschäft nachdachten,
und ihren Beobachtungen keine Vollständigkeit und
Ordnung zu geben suchten, sondern nur aufs
Geratewohl bei der Auswahl und Sammlung ihrer
Nachrichten verfuhren. Ein jeder wird leicht an
sich bemerken, daß er nur dasjenige deutlich und
vollkommen beschreiben kann, was er genau kennt,
dessen Teile, dessen Entstehung und Folge, dessen
Zweck und Gebrauch ihm gegenwärtig sind: denn
sonst wird keine Beschreibung, sondern ein
verwirrtes Gemisch von unvollständigen Bemerkungen
entstehn. Man lasse ein Kind eine Maschine, einen
Landmann ein Schiff beschreiben, und gewiß wird
kein Mensch aus ihren Worten einigen Nutzen und
Unterricht schöpfen können, und so ist es mit den
meisten Geschichtsschreibern, die vielleicht
fertig genug im Erzählen und bis zum Überdruß
weitschweifig sind, aber doch gerade das
Wissenswürdigste vergessen, dasjenige, was erst
die Geschichte zur Geschichte macht, und die
mancherlei Zufälle zu einem angenehmen und
lehrreichen Ganzen verbindet. Wenn ich das alles
recht bedenke, so scheint es mir, als wenn ein
Geschichtschreiber notwendig auch ein Dichter sein
müßte, denn nur die Dichter mögen sich auf jene
Kunst, Begebenheiten schicklich zu verknüpfen,
verstehn. In ihren Erzählungen und Fabeln habe ich
mit stillem Vergnügen ihr zartes Gefühl für den
geheimnisvollen Geist des Lebens bemerkt. Es ist
mehr Wahrheit in ihren Märchen, als in gelehrten
Chroniken. Sind auch ihre Personen und deren
Schicksale erfunden: so ist doch der Sinn, in dem
sie erfunden sind, wahrhaft und natürlich. Es ist
für unsern Genuß und unsere Belehrung
gewissermaßen einerlei, ob die Personen, in deren
Schicksalen wir den unsrigen nachspüren, wirklich
einmal lebten, oder nicht. Wir verlangen nach der
Anschauung der großen einfachen Seele der
Zeiterscheinungen, und finden wir diesen Wunsch
gewährt, so kümmern wir uns nicht um die zufällige
Existenz ihrer äußern Figuren.«
(RUB 8939, S. 83–85)
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