[18. Absatz]
Ja, junger Freund, in der klaren warmen Luft des
südlichen Deutschlands werdet Ihr Eure ernste
Schüchternheit wohl ablegen; die fröhlichen
Mädchen werden Euch wohl geschmeidig und
gesprächig machen. Schon Euer Name, als Fremder,
und Eure nahe Verwandtschaft mit dem alten
Schwaning, der die Freude jeder fröhlichen
Gesellschaft ist, werden die reizenden Augen der
Mädchen auf sich ziehn; und wenn Ihr Eurem
Großvater folgt, so werdet Ihr gewiß unsrer
Vaterstadt eine ähnliche Zierde in einer
holdseligen Frau mitbringen, wie Euer Vater.« Mit
freundlichem Erröten dankte Heinrichs Mutter für
das schöne Lob ihres Vaterlandes, und die gute
Meinung von ihren Landsmänninnen, und der
gedankenvolle Heinrich hatte nicht umhin gekonnt,
aufmerksam und mit innigem Wohlgefallen der
Schilderung des Landes, dessen Anblick ihm
bevorstand, zuzuhören. »Wenn Ihr auch«, fuhren die
Kaufleute fort, »die Kunst Eures Vaters nicht
ergreifen, und lieber, wie wir gehört haben, Euch
mit gelehrten Dingen befassen wollt: so braucht
Ihr nicht Geistlicher zu werden, und Verzicht auf
die schönsten Genüsse dieses Lebens zu leisten. Es
ist eben schlimm genug, daß die Wissenschaften in
den Händen eines so von dem weltlichen Leben
abgesonderten Standes, und die Fürsten von so
ungeselligen und wahrhaft unerfahrenen Männern
beraten sind. In der Einsamkeit in welcher sie
nicht selbst teil an den Weltgeschäften nehmen,
müssen ihre Gedanken eine unnütze Wendung
erhalten, und können nicht auf die wirklichen
Vorfälle passen. In Schwaben trefft Ihr auch
wahrhaft kluge und erfahrne Männer unter den
Laien; und Ihr mögt nun wählen, welchen Zweig
menschlicher Kenntnisse Ihr wollt: so wird es Euch
nicht an den besten Lehrern und Ratgebern fehlen.«
Nach einer Weile sagte Heinrich, dem bei dieser
Rede sein Freund der Hofkaplan in den Sinn
gekommen war: »Wenn ich bei meiner Unkunde von der
Beschaffenheit der Welt euch auch eben nicht
abfällig sein kann, in dem was ihr von der
Unfähigkeit der Geistlichen zu Führung und
Beurteilung weltlicher Angelegenheiten behauptet:
so ist mirs doch wohl erlaubt, euch an unsern
trefflichen Hofkaplan zu erinnern, der gewiß ein
Muster eines weisen Mannes ist, und dessen Lehren
und Ratschläge mir unvergessen sein werden.«
(RUB 8939, S. 23–24)
[17. Absatz]
|
[19. Absatz]
|
|