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Aquarium > Das Werk > Das Allgemeine Brouillon (1798-1799) > Nr. 401-410


401. Phil[osophische] Teleol[ogie]. Die Phil[osophie] kann kein Brod backen – aber sie kann uns Gott, Freyheit und Unsterblichkeit verschaffen – welche ist nun practischer – Philos[ophie] oder Oeconomie. (Verschaffen ist Machen – Machen drückt nichts anders aus)

402. Phil[osophie]. Der Idealism ist nichts, als ächter Empirism.

403. Med[icin]. Der Mensch muß nicht allein an stärkere Reitze; sondern auch an schnellere Abwechselungen gewöhnt werden. Diese beyden Gesichtspuncte gehören in die Kunstlehre der Unsterblichkeit.

404. <Rousseaus Dictionnaire de Musique.>

405. Med[icin] und Phys[ik]. Indirecte Entzündungen in der anorgischen Natur./ Das heiße Gefühl eines sehr erkalteten Metalls zeigt die indirecte Entzündung genugsam an. Dir[ecte] Asth[enie] endigt mit Entzündung – so wie Sthenie mit (Gährung.) Je heftiger die direct[e] asth[enische] Ursache – desto schneller ist die Entzündung da, und umgekehrt, je heftiger die sthenische Ursache – je schneller ist die Gährung da. Die Genesis bestimmt den Modus der Degenesis.
Die Naturgeschichte der Kranckheiten ist ganz von der Erregungstheorie verschieden – Ihre Classificationen sind ganz verschieden. Die Naturgeschichte der Kranckh[eiten] zerfällt in mehrere Classen
1. Die Lehre von den äußern Bestandtheilen – und äußern Kennzeichen.
2. Die Lehre von den innern Bestandtheilen und den innern Kennzeichen.
3. Die Lehre von den Verhältnissen. (Die Werner auch die physicalischen Kennzeichen nennt. In diese Lehre gehören ebenfalls – die Topographie, die Chronologie, die Meteorologie, und Historie der Kr[anckheiten].)

406. So wie sich die Natur an gewisse Mittel gewöhnt, so gewöhnt sie sich auch an Heilmethoden und man hat nöthig oft bey chronischen Kr[anckheiten], die diesen Namen nicht ohne Bedeutung führen, plötzlich oder allmälich nach Befinden der Umstände mit der Heilmethode zu changiren. Daher hat oft ein 2ter Doctor so viel Glück.

407. Verm[ischtes]. Reitzbarkeit und Sensibilitaet stehn in ähnlichen Verhältnissen, als Seele und Körper – oder Geist und Mensch oder Welt. Die Welt ist der Macroandropos. Es ist ein Weltgeist, wie es eine Weltseele giebt. Die Seele soll Geist – der Körper Welt werden. Die Welt ist noch nicht fertig – so wenig wie der Weltgeist – Aus Einem Gott soll ein Allgott werden. Aus Einer Welt – ein Weltall. Gemeine Physik – höhere Physik. Der Mensch ist gemeine Prosa – er soll höhere Prosa – allumfassende Prosa werden. Bildung des Geistes ist Mitbildung des Weltgeistes – und also Religion. Der Geist wird aber durch die Seele gebildet – denn die Seele ist nichts, als gebundener, gehemmter, consonirter Geist. Universalschranke, die alle Schranken übersteigen hilft, die alle Schrancken in unsre Gewalt giebt, wie Oxigène und Menstruum universale etc. Die Antiphlogistiker machen das Oxigène zum Stein d[er] Weisen. Bildung der Seele ist also Mitbildung der Weltseele – und also indirect religiöse Pflicht. (Kinderreligion, Kindermoral etc.)

408. Enc[yclopaedistik]. Je einfacher die Gesetze, je schwieriger in der Anwendung. Simplification ist also nicht zur Beförderung der Trägheit, sondern, wie der Staat etc., Mittel zur Erweckung der höchsten, complicirtesten Thätigkeit – höchster Reitz. Der höchste Grundsatz würde die höchste Thätigkeit erwecken und nothwendig machen.

409. Physiol[ogie]. Viel innrer Reitz – viel Sensibilitaet. Viel äußrer Reitz, viel Reitzbarkeit. Es ist eben schlimm genug, daß zeither ein Wechsel der Opposition hier statt fand – und äußerer und innrer Reitz – Sensibilitaet und Reitzbarkeit – Discant und Bass – sich gegenseitig aufhoben, so daß mit der Zunahme d[es] äußern Reitzes der innre abnahm und so auch mit d[er] Sensibilitaet und Reitzbarkeit. Unvollk[ommene] Med[icin] ist, wie unvollkommne Politik, mit unvollkommenen, wircklichen, gegenwärtigen Zuständen nothwendig verbunden (Streit zwischen Praxis und Theorie.) Aber es ist nöthig, daß scientifische Ideale aufgestellt werden – als nothwendige Basen und Anfänge einer künftigen Verbesserung des Gegenstandes und der Kunst. (Anfang und Ende sind beydes Enden.)
Wenn sich die höchste Reitzbarkeit in heftigen Bewegungen und Spannungen offenbart, so offenbart sich hingegen die höchste Sensibilitaet in unmercklichen Spannungen und Bewegungen. Reizbarkeit zeigt sich durch große Veränderungen und Wirckungen – Sensibilitaet durch kleine – Unendl[iche] Reitzb[arkeit] d[urch] unendl[ich] Große – unendliche Sensibilitaet durch unendlich kleine Veränderungen.
Synthesis von Seele und Körper – und Reitzbarkeit und Sensibilitaet. Sie gehn natürlich jezt schon in einander durch Indifferenzsfären über – unendliche Erweiterung dieser Indifferenzsfären – Realisirung, Ausfüllung der Null ist das schwierige Problem d[es] Künstlers der Unsterblichkeit. Die Indifferenzsfäre ist das Maas d[er] Constitution. Willkührliche Glieder sind Sinne im strengern Sinn. Vermehrung der Sinne und Ausbildung der Sinne gehört mit zu der Hauptaufgabe d[er] Verbesserung des Menschengeschlechts, der Graderhöhung der Menschheit.
Wir sahen vorhin, daß Bildung und Vermehrung der Seele das wichtigste und erste Unternehmen ist. Äußere Reitze haben wir schon in unsrer Hand – und mit ihnen die Reitzbarkeit – es kommt nur vorzüglich auf Vermehrung und Bildung der Sensibilitaet und zwar auf die Weise an, daß die Reitzbarkeit und der äußre Reitz nicht dabey leiden, nicht dabey vernachlässigt werden – denn sonst webt man ein sehr zerreißbares Gewebe, und ein Gewebe der Penelope; man animirt (säuert) den Körper, ohne an seine Erneuerung (Erneuerung der Basis – Zulegung v[on] Brennmaterialien) zu denken. Der Geist ist das Oxigène des Körpers – die Seele ist die eindringende Basis des Oxigèns. Leben ist ein Feuerproceß. Je reiner der Geist ist, desto heller und feuriger das Leben, die Säuerung oder Animirung – der organische Stoff ist animirbar, wie brennbar – (Entzündung, ohne Feuer, durch Friction. Anwendung auf Leben.) Je besser der organische Stoff, desto vollk[ommener] die animirung – desto totaler die Animation (die Verbrennung.) Vollkommner organischer (brennbarer) Stoff. Es giebt keinen abs[olut] höchsten Grad d[er] Säuerung, so wenig, wie der Animation – die Concentration (Oxigènation) ist unendlicher Grade fähig.
Die Sinne im strengern Sinn sind viel animirter, wie die übrigen Organe; der übrige Körper soll ihnen nachfolgen – und sie sollen zugl[eich] mehr animirt werden – und so ins unendliche. Der übrige Körper soll auch immer willkührlicher werden, wie sie. Vielleicht entsteht jezt aus der Disproportion der Sinne und des übrigen Körpers die Nothwendigkeit des Schlafs. Der Schlaf muß die Folgen der übermäßigen Reitzung der Sinne für den übrigen Körper wieder gut machen. Verbannung des Schlafs. (Unwillkührlich – instinctartig.) Der Schlaf ist nur den Planetenbewohnern eigen – Einst wird der Mensch beständig zugleich Schlafen und Wachen. Der größeste Theil unsers Körpers, unsrer Menschheit selbst schläft noch tiefen Schlummer.
Der Samen ist ein Nahrungs und Reitzungsmittel des Weibes zum Ersatz für die Menstrua. Im eigentlichsten Sinn lebt also der Mann für die Frau mit.
Sollte die Frau sensibler, der Mann reizbarer seyn.

410. <Electricitaet – vielleicht unreifes Feuer – wie das Nordlicht unreife Electricitaet.>

(S. 75-79)

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Letzte Änderung am 01.02.2004.
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