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Aquarium > Das Werk > Das Allgemeine Brouillon (1798-1799) > Nr. 391-400


[391.] Geogn[osie]. Flüsse und Meere werden durch die Tiefen und vice versa. Die Flüsse sind überhaupt merckwürdig genug. Höchster und tiefster Ort in Deutschland. Ansicht der Gebürge und ihrer Übergänge in Ebenen – dauerhafte Gebürge, dauerhafte Ebenen. Mittelgebürge – metallhaltige. Humoral und Gefäß Geologie. ihre Vereinigung.

392. Cosmol[ogie]. Prosaische Natur des jetzigen Himmels und der jetzigen Erde. Weltperiode des Nutzens. Weltgericht – Anfang der neuen, gebildeten, poëtischen Periode.

393. Geistlehre   Der Geist ist die sanctionirende, aussprechende, rechtskräftig machende Macht. Das sprechende Glied ist das Klügste und dünckt sichs zu seyn. So der Geist.

394. Staatswirthschaft.
Philosophie der Accise. Nie ist die Bevölkerung zu groß. Die zweckmäßige, systematische Beschäftigung der Menschenmasse ist das Hauptproblem des Politikers. Stehendes Militair. Kein Stand wird übersezt, ohne, daß nicht ein Andrer Mangel leidet. Je mehr Abgaben, je mehr Staatsbedürfnisse, desto vollkommner der Staat. Keine Abgabe soll seyn, die nicht ein Gewinn für den Einzelnen ist. Wie viel mehr müßte ein Mensch außerm Staate anwenden um sich Sicherheit, Recht, gute Wege etc. zu verschaffen. Nur wer nicht im Staate lebt, in dem Sinne, wie man in seiner Geliebten lebt, wird sich über Abgaben beschweren. Abgaben ist der höchste Vortheil. Die Abgaben kann man, als Besoldung des Staats d[as] i[st] eines sehr mächtigen, sehr gerechten, sehr klugen und sehr amusanten Menschen, betrachten.
Pol[itik]. Das Bedürfniß eines Staats ist das dringendste Bedürfniß eines Menschen. Um Mensch zu werden und zu bleiben, bedarf er eines Staats. Der Staat hat natürlich Rechte und Pflichten, wie der einzelne Mensch. Ein Mensch, ohne Staat ist ein Wilder. Alle Kultur entspringt aus den Verhältnissen eines Menschen mit dem Staate. Je gebildeter, desto mehr Glied eines gebildeten Staats. Es giebt wilde Staate[n] – Es giebt gesittete Staaten – moralische und unmoralische – Genialische und PhilisterStaaten. Erziehung und Bildung des Staats. Staaten erziehen sich selbst, oder werden erzogen von andern Staaten.

Staatswirthsch[aft]. Benutzung des Geldes. Mehr Stellen im Staate. Besoldungssystem. Mit einem Contract muß man auch in der Seele des Gegners zufrieden seyn können.
Allg[emeine] Europaeische Gebrechen. Waren die Gelehrten Stände nicht sonst zu gut bezahlt.

395. Medicinische Politzey.
Die Kochkunst gehört zum Ressort der Politzey. Über die Diaet der verschiednen Stände. Die Volkslustbarkeiten hat die poëtisch medicinische Politzey unter sich.

396. Kochkunst.
Kritik der Gewürze – der Nahrungsmittel – etc.

397. Staatsoeconomie.
Zur Holzersparung – gemeinschaftliche Küchen – Gemeinsch[aftliche] Wohngebäude. Politzeyaufsicht der Meublirung und d[es] Hausgeräths. Die ganze Oeconomie im Staate könnte im Großen betrieben werden – Der Baurenstand fiele weg und es bliebe nur ein Geschäftsstand. Taxation der Arbeiten.

398. Politik.
Die Lehre vom Mittler leidet Anwendung auf die Politik. Auch hier ist der Monarch – oder die Regierungsbeamten – StaatsrepraesentantenStaatsmittler. Was dort gilt, gilt hier. Hier ist der physiologische Satz umgekehrt – Je geistvoller und lebendiger die Glieder sind – desto lebendiger, persönlicher ist der Staat. Aus jedem ächten Staatsbürger leuchtet der Genius des Staats hervor – so wie in einer religiösen Gemeinschaft ein persönlicher Gott gleichsam in tausend Gestalten sich offenbart. Der Staat und Gott, so wie jedes geistige Wesen erscheint nicht einzeln, sondern in tausend, mannichfaltigen Gestalten – nur panthëistisch erscheint Gott ganz – und nur im Panthëismus ist Gott ganz überall, in jedem Einzelnen. So ist für das große Ich, das gew[öhnliche] Ich und das gew[öhnliche] Du nur Supplemente. Jedes Du ist ein Supplement zum großen Ich. Wir sind gar nicht Ich – wir können und sollen aber Ich werden. Wir sind Keime zum Ich werden. Wir sollen alles in ein Du – in ein zweytes Ich verwandeln – nur dadurch erheben wir uns selbst zum Großen Ich – das Eins und Alles zugleich ist.

399. Physiol[ogie]. Tod ist nichts, als Unterbrechung des Wechsels zwischen innrem und äußerm Reitz – zwischen Seele und Welt. Das Mittelglied – das Produkt gleichsam diser beyden unendlichen veränderlichen Größen ist der Körper, das Erregbare – oder besser das Medium der Erregung. Der Körper ist das Product und zugleich das Modificans der Erregung – eine Function von Seele und Welt – diese Function hat ein Maximum und Minimum, ist dies erreicht, so hört der Wechsel auf. Der Tod ist natürlich zweyfach. Das Verhältniß zwischen x und y ist vor und rückwärts veränderlich – die Function im Ganzen ist aber auch veränderlich. Das Maas der Constitution ist der Erweiterung und der Verengerung fähig. Der Tod läßt sich also in unbestimmte Fernen hinaussetzen. Die Lebensordnungslehre im strengern Sinn enthält eigentlich die Kunst der ConstitutionsBildung und Verbesserung. Die eigentliche Heilkunst blos die Vorschriften zur Erhaltung und Restauration des speciellen Verhältnisses und Wechsels der Reitze oder der Factoren. Der Künstler der Unsterblichkeit betreibt die höhere Medicin – die Infinitesimalmedicin – Er betreibt die Medicin, als höhere Kunst – als synth[etische] Kunst. Er betrachtet beständig die beyden Factoren zugleich, als Einen, und sucht sie harmonisch zu machen – sie zu Einem Zwecke zu vereinigen. (Sollte ein König, der zugleich moralisches Genie ist, nicht von selbst unsterblich seyn.) Der äußre Reitz ist schon in seiner Unermeßlichkeit gleichsam da und größestentheils in der Gewalt des Künstlers. Wie gering ist aber der innere Reitz gegen den Äußern. Ällmäliche Vermehrung des innren Reitzes ist also die Hauptsorge des Künstlers der Unsterblichkeit. Mit welchem Recht kann man hier nicht sagen, auch darinn haben die Dichter auf eine sonderbare Weise wahrgesagt – daß die Musen allein Unsterblichkeit geben. Jezt erscheint auch der Gelehrte Stand in einem neuen Lichte. Mein magischer Idealismus.
Die gemeine Medicin ist Handwerck. Sie hat nur das Nüzliche im Sinn. Jede Kranckheit, jede Verletzung sollte benuzt werden können zu jenem großen Zwecke.

400. hist[orische] Ethik. Allzufrühe Moral ist dem Menschengeschlecht äußerst nachtheilig. Sie hat, wie Religion, unendlich viel Schaden angerichtet und sich selbst sehr verspätet. Gemeine und höhere Moral etc. So Religion, Politik, Philosophie etc.

(S. 72-75)

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Letzte Änderung am 01.02.2004.
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