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Aquarium > Weißenfels > Veranstaltungen 2003 > Vortrag 29.01. > Luther in Stößen


Luther in Stößen

Nach Stößen, das in alten Zeiten aus der Markt- und der Berggemeinde bestand, kam im Januar 1542 auf der Reise von Naumburg nach Zeitz Martin Luther. Bürgermeister, Ratsherren, Bürger, nicht zu vergessen der Pfarrer und der Schulmeister, hatten sich auf dem Marktplatze versammelt, um den berühmten Mann zu begrüßen. Nachdem der Reisewagen des Reformators gehalten hatte, ertönte der Lutherchoral »Nun freut euch, lieben Christen g'mein«, gesungen von den Stößener Schulkindern. Martin Luther stieg aus, begrüßte die versammelte Gemeinde und ließ sich von dem Pfarrer einiges über die kirchlichen Verhältnisse im Orte berichten. Manche Sorge hat der Pfarrer da wohl dem Reformator vorgetragen, war doch eben wieder ein Streit zwischen der Berg- und der Marktgemeinde wegen der Hirten ausgebrochen. Der Pfarrer meinte, die Stadt solle auch für jede der beiden Gemeinden einen Geistlichen haben. Das leuchtete Luther ein, und er sprach zu den Versammelten: »Ich sehe, dass eure Stadt in Ordnung ist. Nur um eins bitte ich euch: Ihr haltet zwei Hirten für euer Vieh, haltet in Zukunft auch zwei Hirten für eure Seelen! Ich bin bereit, euch einen jungen Kaplan zu schicken.« Doch Luthers wohlgemeinter Vorschlag fand so gut wie keine Gegenliebe. Der lange Schneider Wiebel rief: »Das können wir nicht bezahlen«, und die allermeisten stimmten ihm zu. Alle Höflichkeit gegenüber dem berühmten Manne war vergessen; man sprach erregt durcheinander. Schließlich meinte der Bürgermeister: »Einen zweiten Hirten für unser Vieh können wir nicht entbehren, wohl aber einen Kaplan. Das Geld können wir sparen.« Da bestieg Luther enttäuscht wieder seinen Reisewagen. Beim Abschied drückte er dem Pfarrer die Hand und sprach: »Nicht müde werden, dort unter der Brücke sitzt der Teufel!«

Aus: Die vergrabene Truhe. Sagen und Erzählungen aus dem Gebiet um Weißenfels, Hohenmölsen und Zeitz. Ausgewählt und zusammengestellt von Adolf Schmiedecke. Weimar: Wartburg-Verlag 2002. S. 52-53.



 


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Letzte Änderung am 21.03.2004.
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