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In den ersten Zeiten der Entdeckung der Urteilskraft war jedes neue Urteil ein Fund. Der Wert dieses Fundes stieg je anwendbarer, je fruchtbarer dieses Urteil war. Zu Sentenzen, die uns jetzt sehr gemein vorkommen gehörte damals noch ein ungewöhnlicher Grad Leben des Verstandes. Man mußte Genie und Scharfsinn aufbieten um, mittelst des neuen Werkzeugs, neue Verhältnisse zu finden. Die Anwendung desselben auf die eigentümlichsten, interessantesten, und allgemeinsten Seiten der Menschheit mußte vorzügliche Bewunderung erregen und die Aufmerksamkeit aller guten Köpfe auf sich ziehn. So entstanden die gnomischen Massen, die man zu allen Zeiten und bei allen Völkern so hoch geschätzt hat. Es wäre leicht möglich, daß unsere jetzigen genialischen Entdeckungen im Laufe der Zeiten ein ähnliches Schicksal träfe. Es könnte leicht eine Zeit kommen, wo das alles so gemein wäre, wie jetzt Sittensprüche und neue, erhabnere Entdeckungen den rastlosen Geist der Menschen beschäftigten.
(RUB 8030, S. 25-26)
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