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Es giebt gewisse Dichtungen in uns, die einen ganz andern Karacter, als die Übrigen zu haben
scheinen, denn sie sind vom Gefühle der Nothwendigkeit begleitet, und doch ist schlechterdings
kein äußrer Grund zu ihnen vorhanden. Es dünckt dem Menschen, als sey er in einem Gespräch
begriffen, und irgend ein unbekanntes, geistiges Wesen veranlasse ihn auf eine wunderbare Weise
zur Entwickelung der evidentesten Gedancken. Dieses Wesen muß ein Höheres Wesen seyn, weil es
sich mit ihm auf eine Art in Beziehung sezt, die keinem an Erscheinungen gebundenen Wesen möglich
ist – Es muß ein homogenes Wesen seyn, weil es ihn, wie ein geistiges Wesen behandelt und ihn nur
zur seltensten Selbstthätigkeit auffordert. Dieses Ich höherer Art verhält sich zum Menschen, wie
der Mensch zur Natur, oder wie der Weise zum Kinde. Der Mensch sehnt sich ihm gleich zu werden,
wie er das N[icht]I[ch] sich gleich zu machen sucht.
Darthun läßt sich dieses Factum nicht. Jeder muß es selbst erfahren. Es ist ein Factum höherer Art,
das nur der höhere Mensch antreffen wird. Die Menschen sollen aber streben es in sich zu veranlassen.
Die Wissenschaft, die hierdurch entsteht ist die höhere W[issenschafts]L[ehre]. <Hier ist der
Satz: Ich bestimmt N[icht]I[ch] das Princip des theoretischen, und der Satz: Ich wird bestimmt –
Princip des practischen Theils.> Der practische Theil enthält die Selbsterziehung des Ich um
jener Mittheilung fähig zu werden – der theoretische Theil – die Merckmale der ächten Mittheilung.
Die Ritus gehören zur Erziehung.
Bey Fichte enthält der theoretische Theil die Merckmale einer ächten Vorstellung – der practische
die Erziehung und Bildung des N[icht]I[ch] um eines wahren Einflusses, einer wahren Gemeinschaft mit
dem Ich fähig zu werden – mithin auch die parallele Selbstbildung des Ich.
Moralität gehört also in beyde Welten; hier, als Zweck – dort als Mittel – und ist das Band, was
beyde verknüpft.
(HKA II, 528-529)
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