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»Laß es gewagt sein«, sprach ein dritter; »je
willkürlicher das Netz gewebt ist, das der kühne
Fischer auswirft, desto glücklicher ist der Fang.
Man ermuntre nur jeden, seinen Gang so weit als
möglich fortzusetzen, und jeder sei willkommen,
der mit einer neuen Phantasie die Dinge
überspinnt. Glaubst du nicht, daß es gerade die
gut ausgeführten Systeme sein werden, aus denen
der künftige Geograph der Natur die Data zu seiner
großen Naturkarte nimmt? Sie wird er vergleichen,
und diese Vergleichung wird uns das sonderbare
Land erst kennen lehren. Die Erkenntnis der Natur
wird aber noch himmelweit von ihrer Auslegung
verschieden sein. Der eigentliche Chiffrierer wird
vielleicht dahin kommen, mehrere Naturkräfte
zugleich zu Hervorbringung herrlicher und
nützlicher Erscheinungen in Bewegung zu setzen, er
wird auf der Natur, wie auf einem großen
Instrument phantasieren können, und doch wird er
die Natur nicht verstehn. Dies ist die Gabe des
Naturhistorikers, des Zeitensehers, der vertraut
mit der Geschichte der Natur, und bekannt mit der
Welt, diesem höheren Schauplatz der
Naturgeschichte, ihre Bedeutungen wahrnimmt und
weissagend verkündigt. Noch ist dieses Gebiet ein
unbekanntes, ein heiliges Feld. Nur göttliche
Gesandte haben einzelne Worte dieser höchsten
Wissenschaft fallenlassen, und es ist nur zu
verwundern, daß die ahndungsvollen Geister sich
diese Ahndung haben entgehn lassen und die Natur
zur einförmigen Maschine, ohne Vorzeit und
Zukunft, erniedrigt haben. Alles Göttliche hat
eine Geschichte und die Natur, dieses einzige
Ganze, womit der Mensch sich vergleichen kann,
sollte nicht so gut wie der Mensch in einer
Geschichte begriffen sein, oder welches eins ist,
einen Geist haben? Die Natur wäre nicht die Natur,
wenn sie keinen Geist hätte, nicht jenes einzige
Gegenbild der Menschheit nicht die unentbehrliche
Antwort dieser geheimnisvollen Frage, oder die
Frage zu dieser unendlichen Antwort.«
(RUB 7991, S. 85–86)
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