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Was nun seitdem aus ihm geworden ist, tut er nicht
kund. Er sagt uns, daß wir selbst, von ihm und
eigner Lust geführt, entdecken würden, was mit ihm
vorgegangen sei. Mehrere von uns sind von ihm
gewichen. Sie kehrten zu ihren Eltern zurück und
lernten ein Gewerbe treiben. Einige sind von ihm
ausgesendet worden, wir wissen nicht wohin; er
suchte sie aus. Von ihnen waren einige nur kurze
Zeit erst da, die andern länger. Eins war ein Kind
noch, es war kaum da, so wollte er ihm den
Unterricht übergeben. Es hatte große dunkle Augen
mit himmelblauem Grunde, wie Lilien glänzte seine
Haut, und seine Locken wie lichte Wölkchen, wenn
der Abend kommt. Die Stimme drang uns allen durch
das Herz, wir hätten gern ihm unsere Blumen,
Steine, Federn alles gern geschenkt. Es lächelte
unendlich ernst, und uns ward seltsam wohl mit ihm
zumute. »Einst wird es wiederkommen«, sagte der
Lehrer, »und unter uns wohnen, dann hören die
Lehrstunden auf.« Einen schickte er mit ihm
fort, der hat uns oft gedauert. Immer traurig sah
er aus, lange Jahre war er hier, ihm glückte
nichts, er fand nicht leicht, wenn wir Kristalle
suchten oder Blumen. In die Ferne sah er schlecht,
bunte Reihen gut zu legen wußte er nicht. Er
zerbrach alles so leicht. Doch hatte keiner einen
solchen Trieb und solche Lust am Sehn und Hören.
Seit einer Zeit, vorher eh jenes Kind in unsern
Kreis trat, ward er auf einmal heiter und
geschickt. Eines Tages war er traurig ausgegangen,
er kam nicht wieder und die Nacht brach ein. Wir
waren seinetwegen sehr in Sorgen; auf einmal, wie
des Morgens Dämmerung kam, hörten wir in einem
nahen Haine seine Stimme. Er sang ein hohes,
frohes Lied; wir wunderten uns alle; der Lehrer
sah mit einem Blick nach Morgen, wie ich ihn wohl
nie wieder sehen werde. In unsre Mitte trat er
bald, und brachte, mit unaussprechlicher Seligkeit
im Antlitz, ein unscheinbares Steinchen von
seltsamer Gestalt. Der Lehrer nahm es in die Hand,
und küßte ihn lange, dann sah er uns mit nassen
Augen an und legte dieses Steinchen auf einen
leeren Platz, der mitten unter andern Steinen lag,
gerade wo wie Strahlen viele Reihen sich
berührten.
(RUB 7991, S. 63–64)
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