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Von unserm Lehrer sprach gewiß die Stimme, denn er
versteht die Züge zu versammeln, die überall
zerstreut sind. Ein eignes Licht entzündet sich in
seinen Blicken, wenn vor uns nun die hohe Rune
liegt, und er in unsern Augen späht, ob auch in
uns aufgegangen ist das Gestirn, das die Figur
sichtbar und verständlich macht. Sieht er uns
traurig, daß die Nacht nicht weicht, so tröstet er
uns, und verheißt dem emsigen, treuen Seher
künftiges Glück. Oft hat er uns erzählt, wie ihm
als Kind der Trieb die Sinne zu üben, zu
beschäftigen und zu erfüllen, keine Ruhe ließ. Den
Sternen sah er zu und ahmte ihre Züge, ihre
Stellungen im Sande nach. Ins Luftmeer sah er ohne
Rast, und ward nicht müde seine Klarheit, seine
Bewegungen, seine Wolken, seine Lichter zu
betrachten. Er sammelte sich Steine, Blumen, Käfer
aller Art, und legte sie auf mannigfache Weise
sich in Reihen. Auf Menschen und auf Tiere gab er
acht, am Strand des Meeres saß er, suchte
Muscheln. Auf sein Gemüt und seine Gedanken
lauschte er sorgsam. Er wußte nicht, wohin ihn
seine Sehnsucht trieb. Wie er größer ward, strich
er umher, besah sich andre Länder, andre Meere,
neue Lüfte, fremde Sterne, unbekannte Pflanzen,
Tiere, Menschen, stieg in Höhlen, sah wie in
Bänken und in bunten Schichten der Erde Bau
vollführt war, und drückte Ton in sonderbare
Felsenbilder. Nun fand er überall Bekanntes
wieder, nur wunderlich gemischt, gepaart, und also
ordneten sich selbst in ihm oft seltsame Dinge. Er
merkte bald auf die Verbindungen in allem, auf
Begegnungen, Zusammentreffungen. Nun sah er bald
nichts mehr allein. In große bunte Bilder
drängten sich die Wahrnehmungen seiner Sinne: er
hörte, sah, tastete und dachte zugleich. Er freute
sich, Fremdlinge zusammenzubringen. Bald waren ihm
die Sterne Menschen, bald die Menschen Sterne, die
Steine Tiere, die Wolken Pflanzen, er spielte mit
den Kräften und Erscheinungen, er wußte wo und wie
er dies und jenes finden, und erscheinen lassen
konnte, und griff so selbst in den Saiten nach
Tönen und Gängen umher.
(RUB 7991, S. 62–63)
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