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Aquarium > Das Werk > Heinrich von Ofterdingen (1799–1800) > [205. Absatz]


[205. Absatz]

»Ich weiß selbst nicht«, erwiderte Heinrich, »was Erziehung heißt, wenn es nicht das Leben und die Sinnesweise meiner Eltern ist, oder der Unterricht meines Lehrers, des Hofkaplans. Mein Vater scheint mir, bei aller seiner kühlen und durchaus festen Denkungsart, die ihn alle Verhältnisse wie ein Stück Metall und eine künstliche Arbeit ansehn läßt, doch unwillkürlich und ohne es selbst zu wissen, eine stille Ehrfurcht und Gottesfurcht vor allen unbegreiflichen und höhern Erscheinungen zu haben, und daher das Aufblühen eines Kindes mit demütiger Selbstverleugnung zu betrachten. Ein Geist ist hier geschäftig, der frisch aus der unendlichen Quelle kommt, und dieses Gefühl der Überlegenheit eines Kindes in den allerhöchsten Dingen, der unwiderstehliche Gedanke einer nähern Führung dieses unschuldigen Wesens, das jetzt im Begriff steht, eine so bedenkliche Laufbahn anzutreten, das Gepräge einer wunderbaren Welt, was noch keine irdische Flut unkenntlich gemacht hat, und endlich die Sympathie der Selbst-Erinnerung jener fabelhaften Zeiten, wo die Welt uns heller, freundlicher und seltsamer dünkte, und der Geist der Weissagung fast sichtbar uns begleitete, alles dies hat meinen Vater gewiß zu der andächtigsten und bescheidensten Behandlung vermocht.«

(RUB 8939, S. 166)

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Letzte Änderung am 04.02.2002.
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