[112. Absatz]
Es war tief in der Nacht, als die Gesellschaft
auseinanderging. »Das erste und einzige Fest
meines Lebens«, sagte Heinrich zu sich selbst, als
er allein war, und seine Mutter sich ermüdet zur
Ruhe gelegt hatte. »Ist mir nicht zumute, wie in
jenem Traume, beim Anblick der blauen Blume?
Welcher sonderbare Zusammenhang ist zwischen
Mathilden und dieser Blume? Jenes Gesicht, das aus
dem Kelche sich mir entgegenneigte, es war
Mathildens himmlisches Gesicht, und nun erinnere
ich mich auch, es in jenem Buche gesehn zu haben.
Aber warum hat es dort mein Herz nicht so bewegt?
O! sie ist der sichtbare Geist des Gesanges, eine
würdige Tochter ihres Vaters. Sie wird mich in
Musik auflösen. Sie wird meine innerste Seele,
die Hüterin meines heiligen Feuers sein. Welche
Ewigkeit von Treue fühle ich in mir! Ich ward nur
geboren, um sie zu verehren, um ihr ewig zu
dienen, um sie zu denken und zu empfinden. Gehört
nicht ein eigenes ungeteiltes Dasein zu ihrer
Anschauung und Anbetung? und bin ich der
Glückliche, dessen Wesen das Echo, der Spiegel des
ihrigen sein darf? Es war kein Zufall, daß ich sie
am Ende meiner Reise sah, daß ein seliges Fest den
höchsten Augenblick meines Lebens umgab. Es konnte
nicht anders sein; macht ihre Gegenwart nicht
alles festlich?«
(RUB 8939, S. 105–106)
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