[20. Absatz]
»Aber«, sagte Heinrich, »sollte nicht jene höhere
Kunde ebenfalls geschickt machen, recht
unparteiisch den Zügel menschlicher
Angelegenheiten zu führen? sollte nicht jene
kindliche unbefangene Einfalt sicherer den
richtigen Weg durch das Labyrinth der hiesigen
Begebenheiten treffen, als die durch Rücksicht auf
eigenen Vorteil irregeleitete und gehemmte, von
der unerschöpflichen Zahl neuer Zufälle und
Verwickelungen geblendete Klugheit? Ich weiß
nicht, aber mich dünkt, ich sähe zwei Wege um zur
Wissenschaft der menschlichen Geschichte zu
gelangen. Der eine, mühsam und unabsehlich, mit
unzähligen Krümmungen, der Weg der Erfahrung; der
andere, fast Ein Sprung nur, der Weg der innern
Betrachtung. Der Wanderer des ersten muß eins aus
dem andern in einer langwierigen Rechnung finden,
wenn der andere die Natur jeder Begebenheit und
jeder Sache gleich unmittelbar anschaut, und sie
in ihrem lebendigen, mannigfaltigen Zusammenhange
betrachten, und leicht mit allen übrigen, wie
Figuren auf einer Tafel, vergleichen kann. Ihr
müßt verzeihen, wenn ich wie aus kindischen
Träumen vor euch rede; nur das Zutrauen zu eurer
Güte und das Andenken meines Lehrers, der den
zweiten Weg mir als seinen eignen von weitem
gezeigt hat, machte mich so dreist.«
(RUB 8939, S. 24–25)
[19. Absatz]
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