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Der Hof ist eigentlich das große Muster
einer Haushaltung. Nach ihm bilden sich
die großen Haushaltungen des Staats, nach
diesen die kleinern, und so herunter. Wie
mächtig könnte nicht eine Hofreform
wirken! Der König soll nicht frugal, wie
ein Landmann, oder ein begüterter
Privatmann sein; aber es gibt auch eine
königliche Frugalität, und diese scheint
der König zu kennen. Der Hof soll das
klassische Privatleben im großen sein. Die
Hausfrau ist die Feder des Hauswesens. So
die Königin, die Feder des Hofs. Der Mann
fourniert, die Frau ordnet und richtet
ein. Ein frivoles Hauswesen ist
meistenteils die Schuld der Frau. Daß die
Königin durchaus antifrivole ist, weiß
jedermann. Daher begreife ich nicht, wie
sie das Hofleben, wie es ist, ertragen
kann. Auch ihrem Geschmack, der so innig
eins mit ihrem Herzen ist, muß die fade
Monotonie desselben unerträglich
auffallen.
Das Schauspiel und Konzert, und hin und
wieder die Zimmerverzierungen ausgenommen,
trifft man fast keine Spur von Geschmack im
gewöhnlichen europäischen Hofleben, und auch
jene Ausnahmen, wie oft sind sie geschmacklos,
wie oft werden sie nicht geschmacklos genossen.
Wie äußerst mannigfaltig könnte es aber sein?
Ein geistvoller Maâtre des plaisirs
könnte, geleitet vom Geschmack der
Königin, aus dem Hofe ein irdisches
Paradies machen, könnte das einfache Thema
des Lebensgenusses durch unerschöpfliche
Variationen führen, und uns so die
Gegenstände der allgemeinen Anbetung in
einer immer neuen, immer reizenden
Umgebung erblicken lassen. Welches Gefühl
aber ist himmlischer, als das, seine
Geliebten im wahrhaftesten Lebensgenusse
begriffen zu wissen.
(RUB 8030, S. 51 f.)
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