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Gedicht

Zum 29. April
dem Tage des Gartenkaufs

In diesem Saeculo im Jahre Siebenneunzig
Starb hier ein Advokat, in seiner Rasse einzig,
In praxi wohlgeübt ein Phönix seltner Art,
In welchem Redlichkeit mit Klugheit sich gepaart.
Der Witwe hinterließ er nicht das Geld bei Haufen,
Drum suchte sie sogleich den Garten zu verkaufen,
Mit Bäumen gut besetzt und einen Acker groß,
Verwahrt mit roter Tür und einem großen Schloß.
Die Frau Kreisamtmannin ersuchte den Kreisamtmann
Den Garten zu erstehn – Sie sprach so sanft: »Verdammt, Mann!
Ein jedes hat allhier so einen Gartenfleck,
Und wir – was haben wir? – wir haben einen –
Es ist nicht auszustehn, wo soll ich Kaffee trinken?
Und muß die Stube nicht mir an im Sommer stinken?«
Der Ehherr rief den Schmidt aus Konfraternität,
Gab ihm den Auftrag, und des Preises Quantität.
Der Auktionstermin ließ immer auf sich warten,
Indes wir, voll Reform, auf die Entscheidung harrten.
Der Garten ward besehn, bewundert und gelobt,
Und dann voll Ungeduld nach Weiberart getobt.
Den neunundzwanzigsten April vergeß ich nimmer.
Apollo reiche mir zuvor den Saitenstimmer!
Früh seifte der Barbier des Herrn Kreisamtmanns Bart,
Als von dem Gartenkauf auch so gesprochen ward.
»Wo trifft die Witwe wohl auf bessere Bezahler.
Mein Ultimatum ist: Zweihundertsechzig Taler.«
Der Herr der Bärte schrieb sich dieses hinters Ohr,
Und trugs beim nächsten Bart des Kuratoris vor.
»Gefunden« schrie entzückt Herr Topf, der Topf der Töpfe,
Springt auf mit halbem Bart, sucht seine Hemdenknöpfe,
Läuft zur Kurandin stracks, in Sprung, Galopp und Trab,
Kommt, sieht den Käufer an, und schließt den Handel ab. –
In frohern Hoffnungen war Cäsar nicht zerronnen,
Als er die große Schlacht bei Pharsalus gewonnen,
Als unsre Rahel jetzt, da nun der Schlüssel kam,
Und sie, nach zartem Streit, ihn in Empfang nun nahm.
Beglückwünscht ward sie hoch – bei Tisch ward manch Projekt
Präliminariter von jedem ausgeheckt –
Nur für Reformen und für Hüttchen hat sie Ohren.
Er aber sitzt so kalt, als hätt er taube Ohren.
Wir tranken Kaffee erst – ich redte, ohne Ruhm
Zu melden, viel und schön, vom neuen Eigentum.
Dann gingen wir hinaus – es weht ein leises Windchen –
Voraus die Phantasie – wie einst Tobias' Hündchen.
Wir langen an – er reicht den Hut und Schlüssel ihr.
Ein jeder zieht den Hut – auf donnerte die Tür.
Vor Adams offnem Maul lag so das Paradies,
Als hier der Garten sich den trunknen Blicken wies.
Zu kühne Muse schweig von diesen Augenblicken,
Viel besser ist es hier die Augen zuzudrücken.
Der zählt den Sand am Meer und Berenicens Haar
Der die Projekte kennt, die hier der Rausch gebar.
Kurz, endlich gingen wir nach vielem Tun und Reden
Wie unsrer Eltern Paar aus diesem Garten Eden.
Nun gingen wir herum, sahn über jeden Zaun,
Und mußten in der Luft noch manches Schlößchen baun. –
Heil aber Tennstedt dir – welch Glück ist dir geworden
Mit dieser Bürgerin vom Seraphinen-Orden!
Heil dir auch, Rahels Ruh – es wird in kurzer Zeit
In Hirschfelds Almanach dir auch ein Blatt geweiht.

Dir aber liebes Paar! wünscht, ohne Kapp und Schellen
Ein Freund, den Lieb und Treu euch ewig zugesellen,
Auf diesem trauten Fleck den lieblichen Genuß,
Der tief im Herzen quillt und nie versiegen muß.
O feiert manches Jahr hier schöne Ruhestunden
Bleibt bis zum späten Herbst in stiller Lust verbunden!
Und bin ich einst ins Land der Sehnsucht heimgekehrt,
So denkt: auch er wär hier wohl eines Plätzchens wert.

(RUB 7991, S. 51-53)

zurck
Lied beim Punsch


 


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Letzte Änderung am 10.03.1999.
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