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Aquarium > Das Werk > Gedichte aus der Tennstedter Zeit (1794-1797) > Lied beim Punsch


Lied beim Punsch

am Abend der Trennung

Sind nicht die Augenblicke
Begeisterten Gefühls
Wert unsers wärmsten Dankes
Und würdig unsers Ziels?
Da steht im frohen Zirkel
Der Menschheit Genius
Und gießt aus voller Schale
Den edelsten Genuß.

Dem Greis entglimmt in ihnen
Der alten Jugend Glut.
Hier schöpft der Mann zu Taten
Begeisterung und Mut.
Hoch klopft des Jünglings Busen,
Gerührt wird jedes Herz,
Und jedes drückt voll Liebe
Geschwister nur ans Herz.

Nur solche Feste schmücken
Des Lebens rauhen Pfad;
Nur Herzensfülle hemmet
Des Glückes leichtes Rad.
Wo Freudentränen glänzen,
Wo Herz zu Herzen spricht,
Mitfühlend jedes fühlet,
Nur da entrollt es nicht.

O! himmlisch tönt in Liedern
Erinnerung an Sie,
Und weckt nach langen Jahren
Der Nachwelt Sympathie.
Wir freun uns aller Spuren
Der alten Fröhlichkeit.
Einst freun sich unsre Enkel
Noch unsrer frohen Zeit.

Drum laßt an diesem Abend,
Der noch vereint uns sieht,
Da uns sobald nicht wieder
Ein solches Stündchen blüht,
Uns jeden unsrer Lieben
Ein Rosenblättchen streun
Und unsern Herzenswünschen
Solenn dies Lied itzt weihn.

Dem Vater und der Mutter,
Die nichts, als Kinder, sehn,
Mag bis zum Rand des Lebens
Das Freudenfähnchen wehn.
Und wenn wir leise Wünsche
In Minchens Herz verstehn –
So soll sie Luft der Freiheit
Am eignen Herd umwehn.

Nur Dauer ihres Glückes
Dem liebenswerten Paar;
Bringt unserm Fritz und Fritzchen
Dies Glas zum Wunsche dar.
Lili beweise baldigst
Ihr Haushaltungsgenie
Indes wir alle singen;
Zieh, lieber Schimmel, zieh.

Leicht falle dein Pantoffel
Bald, Söffchen, auf den Mann,
Der in des Lebens Lotto
Dies Quintchen sich gewann.
Einst geht noch unsre Danscour
Als Sansjüpon in Klub.
Und Hannchens Kränzchen hole
Baldmöglichst Belzebub.

Was Gast ist soll mitleben!
Es schließe fest sich an
Und wandle mit uns ewig
Und bleib uns zugetan.
Dem Bruder dort am Rheine,
Den Lieben nah und weit,
Sei dieses Glas, als Zeichen
Von jedem Wunsch geweiht.

Zum Tempel wird die Stube.
Der Punschtisch zum Altar.
Es bringt der Geist der Liebe
Jetzt seine Opfer dar.
Senkt euren Blick die Stufen
Des Tempels nun hinab
Und haltet fest die Stimmung,
Die dieser Blick euch gab.

Ihr schaut in einen Wirbel
Von Menschenschicksal hin
Und forscht und fragt vergebens
Nach dieses Rätsels Sinn.
Einst wird es leicht sich lösen;
Längst ist der Schlüssel da;
Denn war nicht Lieb und Einfalt
Den Menschen immer nah?

Auch ihr könnt freudig walten
Für diesen Zeitbeginn.
Wirkt der Natur entgegen
Und wirkt mit Einem Sinn.
Ist jeder gut und tätig
Für Menschenrecht und Wohl,
Und ist auf seiner Stelle
Ein jedes, was es soll.

So wird in süßer Reife
Die Menschheit, himmlisch schön,
Erwacht von langem Schlummer,
In beßre Zonen gehn.
Belohnt wird, wessen Taten
In ihrem Herzen glühn –
Doch wer sah je den Garten
Wo dann die Kränze blühn.

(RUB 7991, S. 48-51)

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Letzte Änderung am 10.03.1999.
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