431. Enc[yclopaedistik].
Analogistik. Die Analogie – als Werckzeug, beschrieben und ihren mannichfaltigen Gebrauch gezeigt.
432. <Soll der Schriftsteller gleichsam der Genius seiner Materialien, seiner Caractere –
Jedes Buch – Darstellung eines Genius seyn – eines zusammengesezten, Geistigen Wesens?>
433. Hist[orik].
Die Bibel fängt herrlich mit dem Paradiese, dem Symbol der Jugend an und schließt mit dem ewigen Reiche –
mit der heiligen Stadt. Auch ihre 2 Hauptbestandteile sind ächt Großhistorisch. (In jedem
Großhistorischen Gliede muß gleichsam die große Geschichte symbolisch verjüngt liegen.) Der Anfang des
neuen Testaments ist der 2te, höhere Sündenfall – und der
(Eine Sünde, was gesühnt werden muß.)
Anfang der neuen Periode: Jedes Menschen Geschichte soll eine Bibel seyn – wird eine Bibel seyn.
Xstus ist der neue Adam. Begr[iff] der Wiedergeburt. Eine Bibel ist die höchste Aufgabe der Schriftstellerey.
[434.] Poëtik.
Die Poësie ist die Jugend unter den Wissenschaften – Als Kind mag sie ausgesehn haben, wie der Engel
unter der Madonna, der den Finger so bedeutend auf den Mund drückt, als traut er diesem Leichtsinn nicht.
435. poët[ische] Physiol[ogie].
Unsre Lippen haben oft viel Aehnlichkeit mit den beyden Irrlichtern im Märchen. Die Augen sind das
höhere Geschwisterpaar der Lippen – Sie schließen und öffnen eine heiligere Grotte, als den Mund.
Die Ohren sind die Schlange, die das begierig verschluckt, was die Irrlichter fallen lassen.
Mund und Augen haben eine ähnliche Form. Die Wimpern sind die Lippen. Der Apfel die Zunge und
d[er] Gaum und der Stern die Kehle.
Die Nase ist die Stirn des Mundes – und die Stirn die Nase der Augen. Jedes Auge hat
sein Kinn am Wangenknochen.
436. Phil[osophische] Phys[ik].
Mat[erie] ist das Schema der Kraft – gleichsam der Typus der Bewegung. Daher man auch
sich fast der Ausdrücke Wärmestoff, Lichtmaterie etc. nicht entbrechen kann.
437. mathem[atische] Physiol[ogie].
Die Lebenfunction beschreibt in ihren verschiednen Perioden eine regelmäßige Kurve – beynah
eine Figur, wie die Schwingungscontoure einer Sayte. Sie ist in sthenischer Tendenz
bis zu den Mitteljahren – da sie hingegen von diesen gegen das Alter zu in asthenischer Tendenz
ist. Die locale, temporelle und individuelle Summe äußrer Reitze und die Oeconomie damit –
ihre Vertheilung bestimmt die Länge des Lebens. Koncentrirtes, und verdünntes Leben. Das
verdünnteste Leben ist das längste Leben. Die langen Lebensjahre der Patriarchen sind daraus a priori zu erweisen.
Der Reitz vermindert die Reitzbarkeit indirect – i. e. d[urch] Sensibilität.
Verhältnisse der Sensibilitaet und Reitzbarkeit. Die Sensibilitaet ist das vertheilende
Vermögen. Durch geschickte Vertheilung erhält das Organ die höchste Kraftfähigkeit. Wird das vertheilende Vermögen
übereilt, so geht eine große Menge Kraft verlohren – die Reitzbarkeit selbst wird nicht vermindert,
aber die Kraft wird zur Schwere – hebt sich selbst auf. Die Reitzbarkeit wird unbehülflich.
Das Maaß wirckt nur bis auf eine gewisse Distanz nach – freylich im Verhältniß dieser Distanz immer
schwächer. Jenseits ihrer Sfäre oder da, wo ihre Wirckungen zu schwach werden hört der richtige Wechsel
auf – und die Sensibilitaet wächst mit – dann erst entsteht Sthenie – die sich, ohne Einhalt,
mit dem Tode endigt. Die Wircksamkeit dieses Maaßes heißen die Ärzte Heilkraft der Natur.
Außerhalb ihrer engern und weitern Sfäre, geht die Sfäre der Wircksamkeit der Weltseele und
d[es] Weltkörpers an – auch des Weltgeistes. Jedes zieht gleichsam das Seinige illimitirt an – der
Mensch wird aufgelößt und aus einandergezogen. Der Mensch geht durch drey Leidenschaften zu Grunde.
Empfänglichkeit für Große – für Kleine Reitze – Empfänglichkeit für beyde zugleich –
Synth[esis] von Beweglichkeit und Capacitaet. Je größer die Erregbarkeit, wenn wir mit diesem
Namen die Synth[esis] belegen wollen – dieses Vermögen des Maaßes, ist – desto vollk[ommner] die Constitution.
Zersezt besteht die Erregbarkeit aus Sensibilitaet und Reitzbarkeit – oder Beweglichkeit und Capacitaet.
Es ist natürlich, daß bey einer Verminderung der Totalgröße der Reitze – der Rest in kleinere Portionen
vertheilt wird – gleichsam fractionirt wird – und so umgek[ehrt] daß bey Vermehrung der Totalgr[öße] der Reitze
die Portionen vergrößert und mithin multiplicirt werden – d[as] ist soviel, im erstern Fall wird der Rest
verdünnt – im andern d[ie] Summe verdichtet. Die Verdünnung und Verdichtung der Säfte ist
eigentlich ohne Grenzen – Begrenzt ist sie nur d[urch] das Maaß der Constitution. Was theils die Lebenslänge –
theils die Lebensmasse, den Körper, begreift. Beyde Bestandth[eile] d[es] Maaßes werden eines Theils
gegenseitig durch einander bestimmt – anderntheils durch fremde Ursachen. Die org[anische] Masse wird durch die
org[anische] Beschaffenheit der Mutter – und die org[anische] Besch[affenheit] des Vaters und die Verhältnisse
dieser beyden Organisationen zu einander bestimmt. Ist dieses Verhältniß ein vollk[ommen] Gesundes, so
werden auch die Kinder mit vollk[ommen] ges[unden] Anlagen geboren werden. Zufälle in der Schwangerschaft und
nachherige Behandl[ung] abgerechnet.
In der Gesundheit sind Asthenie und Sthenie vereinigt – und darinn liegt auch der Caracter der Erregbarkeit.
Die Bestandth[eile] d[er] Ges[undheit] sind A[sthenie] und S[thenie].
Die Gesundheit ist in unendlich viel Grade eingetheilt – Grade oder Sfären. Die dünne und elastische
Sfäre – steht der dichten und elastischen Sfäre gegenüber – beyde sind in der rein elastischen Sfäre vereinigt.
Dünn elastisch ist der ges[unde] Sanguiniker. Dichtelastisch – der ges[unde] Melancholiker. Der ächte
Choleriker ist der vermischt elastische. Diese Namen sind freylich schlecht.
Der Mel[ancholiker] hat antiken – d[er] Sanguin[iker] modernen Geist – Jener sieht und lebt in der
Vergangenheit – dieser in d[er] Zukunft.
438. Der Rausch und das Fasten (Hunger und Durst) sind populare Phaenomène für den Arzt.
Man kann an ihnen die ganze med[icinische] Theorie entwickeln. Es sind reine Kranckheitszustände –
da die meisten übrigen Kranckheitszustände complicirte, mit fremden Phaenomènen vermischte Phaenomene sind.
Reine Kr[anckheits]L[ehre] – gemeine – höhere.
Angewandte Kr[anckheits]L[ehre].
Die vermischten Kr[anckheiten] sind Erscheinungen der Kr[anckheit]
in unnatürlichen organischen Gebäuden – und unter ungewöhnlichen
organischen Vertheilungen und Verrichtungen.
Die Physiol[ogie] beschäftigt sich mit der organischen Architektonik
einerseits – und mit der organischen Technik andererseits.
Leztere ist chymisch, mechanisch etc.
Es giebt physiologische Klassen der rel[ativ] vollk[ommenen] org[anischen]
Gebäude und der relat[iv] vollk[ommenen] Organismen.
439. Die Lebenslehre ist gleichsam die physiologische Politik. Sie zerfällt in org[anische]
Archit[ektur] und org[anische] Technik.
Die specielle Lebenslehre ist nun gleichsam der practische Theil der Lebenslehre überhaupt –
und beschäftigt sich mit der Auflösung der Probleme der th[eoretischen] Lebensl[ehre] unter
d[en] mannichfachsten Umständen.
Die ganze Lehre von den speciellen Kr[anckheiten] und ihrer Kur gehört in die specielle
Lebenslehre – die Erregungsth[eorie] gehört in die theoretische Lebenslehre.
440. So wie die Lebensfunction Grade hat – so hat auch die Erregbarkeit – der Karacter
d[er] Lebensfunction – Grade. Sie ist leichter oder schwerer zersetzbar –
in bloße Sensibilitaet oder bloße Reitzbarkeit übergehend. Erregbarkeit besteht aus
elastischer S[ensibilitaet] und el[astischer] R[eitzbarkeit] – Je geringer d[ie]
Elast[icitaet] d[er] Sensibilitaet desto weniger und schlechter mit der Reitzbarkeit
vereinigt – und so umgek[ehrt] mit der Reitzbarkeit. D[er] Sangu[iniker] nähert sich
dem direct asth[enischen] – der Melanch[oliker] dem indirect asth[enischen] Phlegmatiker.
(der Wässrige und Bleyerne Phlegmatiker.)
(S. 81-85)
[Nr. 421-430]
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[Nr. 441-444]
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