Schrieb mit 13 die ersten Memoiren
Vortrag über jungen Nietzsche
Von Wolfgang Fischer
Weißenfels/MZ. Zu einem erneuten Vortrag mit dem bekannten Naumburger Herausgeber
Kai Agthe versammelten sich Literaturfreunde und zahlreiche Gäste des Literaturkreises
Novalis im Novalispavillon Weißenfels. Diesmal handelte der Vortrag von Agthe, nach kurzer
Vorstellung durch Eleonore Sent, von den frühen Biografien des Philosophen Friedrich
Nietzsche, der zu Weißenfels zwar wenig Beziehung gehabt hat, dessen ersten Lebensstationen
aber in unmittelbarer Nähe, in Röcken und Naumburg zu finden sind.
Der junge Nietzsche, von Wilhelm Pinder eher als schüchtern und für sein Alter als viel zu
ernsthaft eingeschätzt, schrieb schon als Dreizehnjähriger seine ersten Memoiren (»Aus meinem
Leben«) und machte sich damals bereits Gedanken über Wesen und Gestalt der Welt, ständig
begleitet vom Trauma des frühen Todes seines jähzornigen Vaters, den er als zärtliches
Familienoberhaupt schildert.
1861, drei Jahre später, begann er mit seiner zweiten dreiteiligen Autobiografie »Mein
Lebenslauf«. In drei Versionen lässt Nietzsche die besten Jahre seines Lebens vorüberziehen,
bis er schließlich 1888 seine späte und letzte Autobiografie »Ecce homo – wie man wird, was
man ist« verfasst.
Agthe bereicherte den Vortrag durch erstaunliche Einzelheiten aus diesen Schriften,
beispielsweise wie sich der das Landleben gewohnte Friedrich Nietzsche gewundert hat,
dass sich in einer Stadt manche Leute gar nicht kennen, oder sich über die langen
gepflasterten Straßen in Naumburg aufgeregt hat. Die Schilderung eines Stadtrundgangs
durch Naumburg bildete den krönenden Abschluss des detaillierten Vortrages. Interessante
Fragen der Zuhörer im Anschluss und die Diskussion über die Bronzefiguren des Bildhauers
Messerschmidt in Röcken bezeugen, dass der Vortrag beim Publikum gut angekommen ist.
Kai Agthes Buch zum Thema erschien im April 2003 im Wartburg Verlag.
Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung, 2. März 2004
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Friedrich Nietzsche: »Ich habe nun schon manches erfahren«. Hrsg. von Kai Agthe. Weimar: Wartburg Verlag 2003.
So wie Friedrich Nietzsches (1844-1900)
schriftlich reflektierendes Leben endete,
so begann es auch: mit autobiografischen
Aufzeichnungen. Genau drei Jahrzehnte vor
dem großen Finale »Ecce homo – Wie man
wird, was man ist« (1888) berichtete der
gerade einmal 13-jährige Gymnasiast »Aus
meinem Leben« (1858). In dieser gemessen
am Alter ihres Verfassers bemerkenswerten
Schrift ist auch ein Rundgang durch die
»Mutterstadt« Naumburg enthalten, in der
Nietzsche prägende Jahre als Kind
verbrachte. Drei Jahre nach der ersten
Autobiographie entstand in der damaligen
königlich-preußischen Landesschule Pforta
die in drei Versionen vorliegende
Aufzeichnung »Aus meinem Leben«.
Kai Agthe (33), wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Germanistischen Institut
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
und Herausgeber der in Weimar
erscheinenden Buchreihe »Edition
Muschelkalk«, hat diese frühen
autobiographischen Schriften Friedrich
Nietzsches, versehen mit zahlreichen, zum
Verständnis unverzichtbaren Anmerkungen
und einem ausführlichen Nachwort, im
Wartburg Verlag Weimar als eigenständige
Veröffentlichung herausgegeben.
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