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Aquarium > Weißenfels > Veranstaltungen 2002 > Vortrag 27.03.


Hardenbergs Tod unter anderem Blickwinkel

Gisela Kraft stellt ihr Roman-Manuskript »Planet Novalis« vor

Gisela Kraft war zum wiederholten Mal zu Gast beim Weißenfelser Literaturkreis Novalis. Im Rahmen der Mittwochsveranstaltungen im Novalispavillon las sie aus ihrem Roman-Manuskript »Planet Novalis« von dessen Tod in Weißenfels.

Das Manuskript ist Teil eines großen, vor mehr als zehn Jahren begonnenen Novalis-Projektes. Auftakt war Gisela Krafts »Prolog zu Novalis«, der von der schicksalhaften Begegnung zwischen Friedrich von Hardenberg und Sophie von Kühn erzählt und 1990 im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar erschien. 1998 folgte ihre »Madonnensuite«, in der sie die Begegnung und das Gespräch der Romantiker Novalis, Schelling, Caroline und der Brüder Schlegel vor Raffaels Sixtina in der Dresdner Gemäldegalerie zum biographischen Vorwurf nimmt.

Gisela Kraft gelingt es in allen Teilen ihres anspruchsvollen Vorhabens, Momente aus dem Leben Friedrich von Hardenbergs literarisch so darzustellen, dass sich vielfach ein neuer oder doch zusätzlicher Bedeutungs- und Verstehenshorizont eröffnet. So ist Novalis' Tod im Tagebuch seines Bruders Karl auf das Physische der letzten körperlichen Regungen reduziert: »Jetzt um 1/2 11 Uhr schläft er tief, röchelt und der Atem setzt ganze Züge aus; er erwacht nur auf Augenblicke und spricht recht irre; nur manchmal ist er bei sich, aber überaus ruhig und dem Anschein nach ohne Schmerzen. Um 1/2 1 Uhr starb er sanft und ohne alle Bewegung.« Und Gerhard Schulz fügt in seiner immer noch maßgeblichen Novalis-Biographie knapp hinzu: »Der Bruder und Friedrich Schlegel, der Freund, waren bei ihm.«

Die Romanform eröffnet die Möglichkeit, das Atmosphärische des Elternhauses in diesen schweren Stunden darzustellen, setzt Personen mit der Sterbesituation in Bezug, von denen anzunehmen oder überliefert ist, dass sie Friedrich in seiner letzten Krankheit sehr nahe standen: Seine Mutter, aber auch Julie von Charpentier, die ihren Bräutigam im Januar 1801 auf der Reise zurück von Dresden nach Weißenfels begleitete. Gisela Kraft setzt auf die Macht der Fantasie, Leben und Werk des wohl bedeutendsten frühromantischen Dichters, Novalis, neu zu interpretieren. Dies vermittelt sich schon in ihrem Vortrag, der von großer Fabulierlust, der Freude am Erzählen von Geschichten und Märchen geprägt ist. Als freie Schriftstellerin, auch als Lyrikerin und Übersetzerin, lebt und arbeitet Gisela Kraft seit 1984 lange Jahre in Berlin und nach 1997 in Weimar. Neben der deutschen Romantik waren die Erfahrungen des Orients für sie prägend. Vor allem türkische Literatur übersetzte sie. Mit einer Dissertation über den Dichter Fazil Hüsnü Daglarca schloss sie 1978 ein Studium der Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin ab. Wichtig waren und sind für ihre literarischen Arbeiten die Ausbildung im Schauspiel und dramaturgische Erfahrungen mit Berliner Bühnen, darunter die Schaubühne.

Als nächstes Buchprojekt ist von ihr ein Lyrikband zu erwarten, der bei Faber & Faber in Leipzig verlegt wird. Sein Erscheinen sollte Anlass sein für eine erneute Begegnung mit Gisela Kraft im Weißenfelser Novalispavillon.

Eleonore Sent, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung, 6. April 2002



 


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Letzte Änderung am 13.04.2002.
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