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Aquarium > Weißenfels > Veranstaltungen 1999 > Vortrag 27.10.


Unperson nach dem Zweiten Weltkrieg?

Dichter war eng verbunden mit dem Mansfelder Land

Kürzlich referierte Dr. Bernd Feicke aus Westerhausen bei Quedlinburg zum Thema »Novalis in der Mansfelder Geschichtsschreibung« in der Kreisstadt. Der Vortrag gab zunächst einen Überblick, wie mit dem historischen Andenken des nach Luther wohl bedeutendsten Sohnes des Mansfelder Landes umgegangen wurde, welche Einflüsse die akademische Literaturgeschichtsschreibung, ein problematischer Umgang mit dem Nachlass, aber auch allgemeine politische Entwicklungen hatten.

Erst 1901, anlässlich des 100. Todestages, würdigte die Mansfelder Geschichtsforschung Novalis, »den Romantiker«. Die offensichtliche Vernichtung von Teilbeständen des Nachlasses im Hardenbergischen Familienarchiv, die fehlende literaturwissenschaftliche Aufarbeitung nach 1815 und die gegen die Romantik gerichtete Literatur des Vormärzes ließen auch in Novalis' Mansfelder Heimat lange Zeit keine Popularisierung seines Werkes zu.

In den 30-er Jahren, mit der Ausgabe der »Schriften« von Kluckhohn/Samuel von 1929, die Novalis' Handschriften völlig neu ordnete, erschienen dann auch in Mansfelder Heimatzeitschriften und -kalendern wichtige Beiträge. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der DDR stand die regionalgeschichtliche Beschäftigung mit Novalis lange unter ideologischem Vorbehalt; Novalis schien auch im Mansfelder Land zu einer Unperson geworden zu sein. Erst die Politik des »progressiven nationalen Erbes« der DDR-Regierung hatte neben der Einrichtung des Romantikerhauses in Jena und der Textauswahl in der »Bibliothek deutscher Klassiker« (1983) auch in der Mansfelder Regionalliteratur weitere Veröffentlichungen zur Folge.

Eine neue Qualität der Novalisforschung gab es im Mansfelder Land, als es zu Beginn der 80-er Jahre Bestrebungen gab, das Schloss Oberwiederstedt - die Geburtsstätte von Novalis - seines Denkmaleharakters zu berauben und abzureißen. Eine Bürgerbewegung, dann als »Kuratorium« (und seit 1992 Internationale Novalis-Gesellschaft) hat mit großem Engagement dieses Vorhaben verhindert. Im Umgang mit dem Werk und der Persönlichkeit von Novalis ist seitdem eine Spezifizierung und Vertiefung von Themen zu beobachten.

Entsprechend zeigte Dr. Feicke in einem zweiten Teil seines Vortrages, dass die Beschäftigung mit Novalis und dessen Mansfelder Heimat auch in Einzelfragen neue Erkenntnisse bringt. Dies betrifft etwa eine Neubewertung der Persönlichkeit von Novalis' Vater Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg: Er war nicht nur adelstolz, jähzornig, von pietistischem Glaubenseifer, sondern vielmehr bestrebt, seinen Söhnen eine berufliche Grundlage zu schaffen.

Eleonore Sent, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung, 30. Oktober 1999



 


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Letzte Änderung am 05.11.1999.
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