Interessanter Vereinsabend
Christian Gottlieb Schmidt und die Reiseliteratur seiner Zeit
»Ich habe hier einen Priesterrock nötig, der durch und durch mit Geduld gefüttert sein mußte!«, so resümierte der Superintendent des Weißenfelser Schullehrerseminars Christian Gottlieb Schmidt vor etwa 200 Jahren. Während schwieriger politischer Zeiten war er ein prominenter und engagierter Weißenfelser nur blieb er bisher relativ unbeachtet und unbekannt. Für das Schulwesen der Stadt hat er wichtige Reformen und Entwicklungen in Gang gebracht. Als Vorgänger von Harnisch machte sich Schmidt besonders um die Lehrerweiterbildung und um die Schulbildung der Armen verdient. Schmidt hatte trotz seiner Bescheidenheit eine rhetorische Gabe und ein temperamentvolles Wesen, das auch noch durch andere Facetten interessant wird. Er gehörte damals zu den anerkannten Reiseschriftstellern; war doch Reisen für ihn ein notwendiger Weg der Selbst- und Welterfahrung. Er meinte, er sei zum Reisen geboren und erzogen. Seine Fähigkeiten und seine Persönlichkeit erleichterten ihm den Kontakt zu den gelehrten und wichtigen Menschen seiner Zeit.
»Von der Schweiz« so heißt seine Darstellung über das Nachbarland. Seine Reisetagebücher sprühen vor Lebendigkeit und seine Ortsbeschreibungen wirken ausgesprochen anschaulich. Was hat dies alles mit uns zu tun? Nun, Schmidt war ein Zeitgenosse von Novalis und er hat in der gleichen Stadt wie der Frühromantiker gelebt. Auch wenn sich beide wahrscheinlich nie begegnet sind, so haben sie doch den gleichen »Zeitgeist« geatmet. Und da das Programm des Literaturkreises Weißenfelser Literaten und erst recht Autoren aus Novalis' Zeiten einschließt, wurde der Vereinsabend im Januar dem Thema »Der Weißenfelser Superintendent Schmidt und sein Tagebuch einer Reise in die Schweiz« gewidmet. Der Referent kam diesmal aus den eigenen Reihen, denn Obermuseumsrat Ingo Bach brachte als Experte der Weißenfelser Geschichte dem aufgeschlossenen Publikum den Lebensweg eines interessanten Weißenfelsers nahe.
Ingrid Jahn, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung, Januar 1999
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