Liebesauffassungen in der Zeit der Frühromantik
Emanzipation war schon vor 200 Jahren ein Thema
»Frühromantische Liebesauffassungen« war
das Thema der jüngsten Veranstaltung des
Literaturkreises Novalis. Die Zeit
zwischen 1770 und 1830 war durch
revolutionäre Umwandlungen in der
Gesellschaft gekennzeichnet. In
Nordamerika erklärte der Kongreß die
Menschenrechte und die Trennung von Staat
und Kirche. In Frankreich stürzte die
Revolution die Herrschaft des Adels und
der Geistlichkeit. In Deutschland
diskutierten Philosophen über
Kindererziehung, Volksbildung und die
Gleichwertigkeit der Weltreligionen. Die
Gefahren des Scheintodes, der Kindesmord
lediger Mütter und die sexuellen Nöte der
jungen Generation waren Themen, die in den
Geschichtsbüchern kaum erwähnt wurden.
Entsprechend trug die
Literaturwissenschaftlerin Gerda Heinrich
aus ihren Forschungsergebnissen Äußerungen
und Bemerkungen aus Briefen von Aufklärern
und Frühromantikern vor, die sich speziell
mit Freundschafts- und Liebesbeziehungen
der Geschlechter befassen. Kant,
Schleiermacher, Wilhelm von Humboldt, die
Geschwister Schlegel, Schiller, Novalis u.
a. wurden zitiert zur Emanzipation, der
Ehe und den Zwängen der adligen und
bürgerlichen Stände. Verständlicherweise
erfahren wir nur Liebesauffassungen von
literarisch Gebildeten aus der
»Aufklärung« und der
»Romantik«. Zur Tat schritten
vor allem emanzipierte Frauen, wie z.B.
Dorothea Veit und Caroline Böhmer, die
Tochter des Göttinger Orientalisten David
Michaelis. Sie mißachteten alle
konventionellen Schranken, entledigten
sich der Fesseln der Ehe- und
Familienbindungen und verwirklichten ihre
Persönlichkeit und Liebesbeziehungen nach
eigenen Wünschen und Vorstellungen. Die
Diskriminierung durch die Gesellschaft
konnten sie als gut situiert leichter
ertragen als andere.
Werner Kneist, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung
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