Spaziergang durch historische Häuser
Exkursion zum Baudenkmal der Franckeschen Stiftungen
Als Antwort auf das soziale Elend in der
halleschen Vorstadt Glaucha und die nicht
minder heilbedürftigen sozialen, sanitären
und schulischen Zustände in Halle schuf
Ende des 17. Jahrhunderts der pietistische
Pfarrer August Hermann Francke (1663-1727)
die aus Schulen und Waisenanstalten
bestehenden »Stiftungen«. Im
Juli 1698 also vor 300 Jahren
legte Francke, nunmehr auch noch
Professor an der neu gegründeten
Friedrichs-Universität Halle, den
Grundstein zum Bau des Waisenhauses.
Dieses Jubiläum regte den Literaturkreis
Novalis e.V. Weißenfels an, im Rahmen
einer Exkursion dieses ungewöhnliche
Baudenkmal, das für die Aufnahme in die
Liste des Weltkulturerbes vorgesehen ist,
zu besuchen. Im Rahmen eines
»Spazierganges« führte
Vereinsmitglied und Leiter des Canstein-Bibelzentrums
Halle, Walter Martin Rehahn, durch die historisch
gewachsene Schulstadt, die heute allgemein unter
dem Namen »Franckesche Stiftungen«
bekannt und zugleich ein Zentrum der
Pflege und Erforschung von Frühaufklärung
und Pietismus ist. Besucht wurden u.a. die
sogenannte »Kulissenbibliothek«
im ältesten noch existierenden deutschen
Bibliothekszweckbau (erbaut 1726-1728),
das Canstein-Bibelzentrum, das in
Rekunstruktion befindliche Gebäudeensemble
des größten Fachwerkhauses Europas und das
Hauptgebäude mit der äußerst interessanten
»Kunst- und Naturalienkammer«
mit ihren kuriosen Exponaten.
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Beeindruckt zeigten sich die
Vereinsmitglieder und ihre Gäste von der
hier von 1990 an vollbrachten, finanziell
wie bautechnisch anspruchsvollen
denkmalpflegerischen Instandsetzung des
Gesamtensembles, an der auch Weißenfelser
Firmen beteiligt sind. Dies war nicht nur
an der Außenhaut der Gebäude erkennbar,
sondern wird ebenso im Inneren in den
wiederhergestellten Schauräumen von
Bibliothek und Naturalienkabinett, im
Freylinghausen-Saal dokumentiert.
Für einige Mitglieder des Vereins war der Besuch in
den Franckeschen Stiftungen auch eine »Reise in
ihre eigenen Geschichte«, hatten sie doch hier
vor über 40 Jahren ihre Studentenzeit verbracht.
Ingo Bach, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung, Dezember 1998
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