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Aquarium > Weißenfels > Veranstaltungen 1998 > Sommerexkursion 27./28.06.


Sommerexkursion

Auf den Spuren zweier Dichterpersönlichkeiten unserer Heimat wandelten die Mitglieder des Literaturkreises Novalis im Rahmen ihrer diesjährigen Sommerexkursion, die in das nördliche Harzvorland führte. Erste Station war das mittelalterliche Halberstadt, das erstmals 804 als Bischofssitz Erwähnung fand.

Interessante Gespräche im Gleim-Haus in Halberstadt
Interessante Gespräche im Gleim-Haus in Halberstadt
Entsprechend der Spezifik der Vereinsarbeit stand hier der Besuch des »Gleim-Hauses« im Mittelpunkt, das dem Werk des Dichters der Aufklärung Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) gewidmet ist. Es war seinerzeit ein offenes Geheimnis, daß »Vater Gleim«, wie man ihn liebevoll nannte, jeden, der vor seiner Schwelle stand, »gern sieht«. Und zu diesen Gästen gehörte auch Johann Gottfried Seume, der 1798 den Domjuristen besuchte und dessen Grab er zum Abschluß seiner Reise im Sommer 1805 aufsuchte. Seume wurde auch von Gleim mehrfach finanziell unterstützt.

Von dem kollegialen Verhältnis beider Dichter kündet eine umfangreiche Korrespondenz, die sowohl in der Halberstädter Sammlung als auch im Museum Lützen vorhanden ist, ebenso wie ein Porträt unseres Landsmannes Schnorr von Carolsfeld, das im »Freundschafts-Tempel« des »Gleim-Hauses« besichtigt werden kann. Ausgiebig wurde von den Exkursionsteilnehmern in Halberstadt auch die Frage diskutiert, ob Novalis im April 1793 bei seiner angeblichen Reise von Wittenberg über Dessau, Bernburg und Aschersleben nach Wernigerode, über die ein Reise-Journal vorliegt, Halberstadt besucht hat. Die neueste Forschung hat nach genauer Untersuchung des überkommenen Textes erhebliche Schwierigkeiten, dieses Manuskript, in dem Halberstadt ausführlich beschrieben wird, Novalis zuzuordnen. Eine Stadtführung unter Leitung des Verantwortlichen für die Sanierung der Modellstadt, ein Besuch des gotischen Doms und die Teilnahme an einem Orgelkonzert rundeten den ersten Exkursionstag ab.

Zu Gast in Lucklum
Zu Gast in Lucklum
Am zweiten Tag ging die Fahrt weiter nach Nordwesten zu dem am Südhang des Elm gelegenen Dörfchen Lucklum. Hier befand sich die Ballei Sachsen des Deutschen Ritterordens. Dieser stand Friedrich Wilhelm von Hardenberg (1728-1800), ein Onkel von Novalis, seit 1775 als Landkomtur und Statthalter vor. In dessen weltoffenem Haus weilte der junge Friedrich von Hardenberg 1782 und 1786/87 mehrfach über längere und kürzere Zeit. Dank des freundlichen Entgegenkommens der Eigentümer des sich in Privatbesitz befindlichen Schlosses konnten hier die Kirche und die Repräsentationsräume besichtigt werden. Letzte Station der interessanten Exkursion bildete dann Wolfenbüttel mit seinem nahezu unveränderten historischen Stadtkern. Die Weißenfelser Literaturfreunde zog es folgerichtig in das Lessinghaus und die 1572 entstandene berühmte Herzog-August-Bibliothek. Letztere galt im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert als die bedeutendste Büchersammlung. Deren wertvollstes Stück ist heute das Evangeliar Heinrichs des Löwen, das 1983 für 32,5 Millionen Mark ersteigert wurde – den höchsten Preis, den jemals ein einzelnes Buch erzielte. Die heutige Forschungsbibliothek mit ihrem Schwerpunkt an Drucken des 17. Jahrhunderts stellt auch für den Weißenfelser Regionalhistoriker eine »Fundstätte« dar, denn wer über Kultur und Geschehen am Weißenfelser Herzogshofe arbeiten will, kommt an den Wolfenbütteler Beständen nicht vorbei.

Auch Heinrich Schütz besaß von Weißenfels aus enge Beziehungen zum Wolfenbütteler Hof, wie Dokumente belegen. So finden wir den »Vater der deutschen Musik« 1645 und 1660 in der Stadt an der Oker, wo er »Oberhofkapellmeister von Haus aus« und Berater der Hofkapelle war. Am »10. Aprili Anno 1665« schickte Schütz aus Weißenfels das 22 Blatt umfassende autographische Manuskript seiner Johannespassion nach »Wolfenbitel«.

Ingo Bach, Mitteldeutsche/Weißenfelser Zeitung vom 30. Juni 1998



 


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Letzte Änderung am 25.08.1998.
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