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        Wer sucht, wird zweifeln. Das Genie sagt
        aber so dreist und sicher, was es in sich
        vorgehn sieht weil es nicht in seiner
        Darstellung und also auch die Darstellung
        nicht [in] ihm befangen ist, sondern seine
        Betrachtung und das Betrachtete frei
        zusammenzustimmen, zu Einem Werke frei
        sich zu vereinigen scheinen. 
        Wenn wir von der Außenwelt sprechen, wenn
        wir wirkliche Gegenstände schildern, so
        verfahren wir, wie das Genie. So ist also
        das Genie, das Vermögen von eingebildeten
        Gegenständen, wie von wirklichen zu
        handeln, und sie auch, wie diese, zu
        behandeln. Das Talent darzustellen, genau
        zu beobachten – zweckmäßig die
        Beobachtung zu beschreiben – ist also
        vom Genie verschieden. Ohne dieses Talent
        sieht man nur halb – und ist nur ein
        halbes Genie – man kann genialische
        Anlage haben, die in Ermangelung jenes
        Talents nie zur Entwicklung kommt. 
        Ohne Genialität existierten wir alle
        überhaupt nicht. Genie ist zu allem nötig.
        Was man aber gewöhnlich Genie nennt –
        ist Genie des Genies.
        
       
        (RUB 8030, S. 9)
        
       
       
        
         
           
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