[2.]
Novelle
Ein Gelehrter hat eine Frau, auf deren wissenschaftliche und künstliche Bildung
er sich viel zugute tut, und sie für sehr treu aus poetischem Enthusiasmus für
treue Liebe hält; über deren nachherige Untreue er in große Betrübnis verfällt;
worauf er um sich wieder zu erholen seine Zuflucht zu einem Dienstmädchen nimmt,
die er durch die Kraft seiner Bildung leicht zu überreden hofft, aber von ihrem
Bräutigam, der sich statt ihrer ins Bette legt, übel empfangen und mit Schlägen
wohl zugerichtet wird, also daß er zu seinem Schüler mit vieler Traurigkeit sagt:
»Wollte Gott, daß es umgekehrt gewesen wäre, und meine Frau die Bildung der
Magd, die Magd aber die Bildung der Frau gehabt hätte, so würde ich kein Hahnrei
sein und mir den Buckel schmieren lassen müssen, denn ich sehe wohl, daß bei einem
Frauenzimmer je ordentlicher und behender die Gedanken werden, desto unordentlicher
und unbiegsamer werden die Begierden, und könnt Ihr, wertester Freund Euch meines
Exempels zur heilsamen Lehre bedienen.«
(RUB 7991, S. 163-164)
[1.] Novelle
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