Novalis-Matinee: Schatz zum Erinnern und Polieren
Gedenkfeier an gestrigem 200. Todestag Friedrich von Hardenbergs Weißenfelser Schul-Aula voll besetzt
»Ich bringe besondere Grüße aus einem völlig verschneiten Oberwiederstedt mit«, sagte Sachsen-Anhalts
Ministerpräsident Reinhard Höppner gestern Mittag in der voll besetzten Aula des Weißenfelser Goethe-Gymnasiums.
»Besondere Grüße deshalb, weil es sich um die Ehrung eines besonderen Menschen handelt.«
Reinhard Höppner
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Nachdem der SPD-Politiker am Morgen an den Feierlichkeiten anlässlich des gestrigen 200. Todestages Friedrich
von Hardenbergs (Novalis, 1772-1801) im Geburtszimmer im Schloss Oberwiederstedt und in der Taufkirche des
Frühromantikers teilgenommen hatte, ließ es sich der Schirmherr nicht nehmen, bei der Matinee in Weißenfels
als den Wohn- und Sterbeort von Novalis dabei zu sein. Es war eine Gedenkfeier, der das Streichquartett des
Theaters Zeitz mit Musik von Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert,
Zeitgenossen von Novalis, den passenden festlichen Rahmen gab. Auch Gruß- und Dankesworte der Weißenfelser
Oberbürgermeisterin Gisela Bevier und des Landrates Johannes Kreis an den vor zehn Jahren in der Saalestadt
gegründeten und bei der Pflege um das Novalis-Erbe mit viel Engagement tätigen Literaturkreis mit seiner
Vorsitzenden Eleonore Sent durften nicht fehlen.
Rezitationen von der Hallenserin Elke Domhardt aus Novalis' weltberühmt gewordenen Lehrlingen zu Sais,
seinen Geistlichen Liedern und Hymnen an die Nacht ließen das Erbe des Wegbereiters der Frühromantik mit
treffenden Zitaten wach werden. So heißt es in seinen Werken unter anderem: »Ein Schriftsteller ist
nur ein Sprachbegeisterter.« »Wer viel Geist hat, macht viel aus seinem Leben.«
»Wer die Wahrheit verrät, verrät sich selbst.« »Gehört nicht zur beharrlichen
Mittelmäßigkeit die meiste Kraft?« »Jede Stufe der Bildung beginnt in der Kindheit. Wo Kinder
sind, da ist ein goldenes Zeitalter.«
Der fesselnde Vortrag vom Nutzen der Religion nach der Aufklärung von Prof. Hermann Kurzke aus Mainz,
»Wo keine Götter sind, walten Gespenster«, machte die Veranstaltung noch spannender.
Kurzkes Beitrag, der mit viel Beifall aus dem Publikum bedacht wurde, bereicherte damit das gesamte
Programm der Novalis-Ehrung, die mit einem Treffen am Grab-Denkmal im Stadtpark zu Ende ging.
»Novalis, der Literat, Techniker und Bergmann, ist wie Martin Luther ein Teil unserer Schätze in
unserer mitteldeutschen Landschaft«, würdigte Miniterpräsident Höppner das Leben und Wirken des
Naturwissenschaftlers, kursächsischen Salinebeamten und Poeten, der nicht älter als 28 Jahre wurde
und dennoch ein intensives Leben führte. Um so mehr gelte es, an diesen Schatz nicht nur zu erinnern,
sondern ihn auch zu polieren, damit aus alten Wurzeln frische grüne Zweige sprießen mögen. Gemeinsam,
in Oberwiederstedt und in Weißenfels. »Novalis war einer, der sich um das Zuhause der
menschlichen Seele gekümmert hat.« Und so wünschte der Schirmherr und Festredner den rührigen
Ehrenamtlichen des 80-köpfigen Literaturkreises gute Denkanstöße aus dem Schatz, den Novalis, der
Toreöffner eines neuen Jahrhunderts, hinterlassen hat.
Bärbel Schmuck, Mitteldeutsche Zeitung, 26. März 2001
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