Novalis-Kolloquium: Bei Braunkohle und blauer Blume
Vorträge beleuchteten die Umwelt des Dichters
Auch am zweiten Tag des Weißenfelser Novalis-Kolloquiums beherrschte der Bergbau die Inhalte der
meisten Vorträge. Doch während man sich tags zuvor auch mit dem Einfluss montaner Technologien
in die Dichtkunst befasste, galt das Interesse der historischen Entwicklung des mitteldeutschen
Braunkohlebergbaus.
Dabei wurde auch ein Zeitraum angesprochen, der für den dichtenden Bergbaurat in der Zukunft lag,
der aus heutiger Perspektive allerdings einen Gegenstand der Geschichtsschreibung bildet. Die
Wissenschaftstheorie des 18. Jahrhunderts, deren Einordnung natürlicher Rohstoffquellen und auch
die gesellschaftlichen Komponenten beleuchtete Ulrich Grober aus Marl, dessen Vortrag
»Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung in den Netzwerken des
Wissens im 18. Jahrhunderts« die Erkenntnisse der Gegenwart auf die Betrachtungsweisen der
Aufklärung spiegelte.
Ingo Bach aus Weißenfels nahm dann wieder deutlichen Bezug auf biografische Aspekte des Friedrich
Freiherr von Hardenberg, der sich Novalis nannte. Seine Betrachtung »Weißenfels um 1800 und
das sozio-kulturelle Umfeld der Familie Hardenberg« versuchte die These zu setzen, dass Novalis
ein Mitteldeutscher war. Bach räumte allerdings ein, dass der als knapp 29-Jähriger Gestorbene keine
Zeit gehabt habe, sich ein geistiges Lebenszentrum zu suchen.
Dass schon Hardenberg Weißenfels wie jeder heutige Besucher als »eine Kleinstadt
mit einem leeren Schlossgebäude«, erlebte, lässt sich leicht mit dem Wegfall der Herrschaft im
Jahre 1746 begründen. Leer war das Schloss nämlich schon 26 Jahre vor Novalis' Geburt. Bemerkenswert
war die Präsentation des Novalis-Gymnasiums Bad Dürrenberg, in der die Entwicklung des Ortes als
Saline und Kurort nachgezeichnet und der Namenspatron der Schule dargestellt wurde. Zugleich markierte
dieser Auftritt den Makel, dass Weißenfels selbst kein Novalis-Gymnasium hat und der angestrebten
Umwidmung einer vorhandenen Schule viele Widerstände entgegengebracht werden.
Karl Büchsenschütz schließlich präsentierte als Leiter der Landesschule Pforta seine Bildungsstätte
»Unter der besonderen Berücksichtigung der Bindungen an die Familie Hardenberg«. Diese
Bindungen waren nicht schwer zu finden, besuchten doch sowohl Novalis' Vater wie auch einer seiner
Brüder diese Eliteschule. Büchsenschütz zeichnete ein düsteres Bild von den Lebensbedingungen der
»Pförtner« im 18. Jahrhundert. Es herrschte »materielle, moralische und pädagogische
Dürftigkeit«, die erst im 19. Jahrhundert wieder behoben wurde: »Wäre der kränkelnde
Novalis nach Pforte gegangen, hätte er Schaden erlitten.«
Axel Nixdorf, Mitteldeutsche Zeitung, 26. März 2001
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