Grande Dame hat noch vollen Terminkalender
Nestorin der deutschen Meinungsforschung besucht Weißenfels
Sie war am Mittwochabend in Weißenfels der Ehrengast und in der wiedereröffneten
erweiterten Novalis-Gedenkstätte eine von drei Festrednerinnen.
Elisabeth Noelle-Neumann hatte es sich trotz ihres noch immer reichlich
gefüllten Terminkalenders nicht nehmen lassen, bei der Eröffnung der
Kabinett-Ausstellung mit Musiker- und Dichterporträts ihres Großvaters
Fritz Schaper (1841-1919) dabei zu sein.
Dabei hatte die 84-jährige Grande Dame der deutschen Meinungsforschung und
Universitätsprofessorin aus Allensbach am Bodensee Exponate aus dem Nachlass
des Berliner Bildhauers zur Verfügung gestellt. »Was ich an den Skulpturen
meines Großvaters liebe, ist die Kraft der Einfühlung«, sagt
Frau Noelle-Neumann, die drei Jahre alt war, als Schaper starb. Schaper,
der ähnlich wie Novalis seine Wurzeln im Mansfeldischen hatte, ist der Schöpfer
des Büsten-Denkmals im Weißenfelser Stadtpark. Sie nennt das eindrucksvolle
Goethe-Bild, das Goethe-Denkmal im Berliner Tiergarten, mit dem Schaper seinen
frühen Ruhm mit kaum 40 Jahren errang. »Das wunderbare Lessing-Denkmal in
Hamburg auf dem Gänsemarkt kann jeder Besucher, der in die Hansestadt kommt,
betrachten«, erklärt die Chefin des Instituts für Demoskopie in Allensbach,
das sie im Alter von 30 Jahren mit ihrem ersten Mann Peter Neumann gründete.
Und von all diesen Denkmälern zeichne es sich deutlich ab, das sanfte Gesicht
des großen Romantikers Friedrich von Hardenberg, der sich Novalis nannte.
»Gerne bin ich gekommen, um den Wissenschaftler, Philosophen und Dichter
zu ehren«, versichert die agile Nestorin. Noch am selben Abend verließ
sie die Saalestadt Weißenfels, um am nächsten Tag schon wieder Verpflichtungen
in München wahrzunehmen.
Bärbel Schmuck, Mitteldeutsche Zeitung, 24. März 2001
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