Jubiläums-Ausstellung: Ein Ringlein für Fritz, Büsten von Schaper
Novalis-Schau im Weißenfelser Sterbehaus des Romantikers
Der kleine Ring zeigt das Pastell-Porträt eines jungen Mädchens im Profil,
eine in solchen Techniken eher ungeübte Hand hat dem schmalen Metallreif die
Worte »Sophia sey mein Schuz Geist« eingraviert. Das Schmuckstück
mit dem emotionalen Glaubensbekenntnis eines jungen Mannes ist wohl das
anrührendste Exponat einer Ausstellung, die der Literaturkreis Weißenfels
gestern unter dem Dach der dortigen Klosterstraße 24 eröffnet hat.
Es erinnert an die am 15. März 1795 heimlich eingegangene Verlobung der
Sophie von Kühn mit dem Romantiker Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis,
der in den Räumen am 25. März 1801 starb.
Es ist eine attraktive Schau entstanden, deren Vitrinen und Bilderrahmen
vor allem aus dem Bestand des Weißenfelser Museums Schloss Neu-Augustusburg
gefüllt wurden. Von einer Landkarte, die den räumlich eng umrissenen
Lebenskreis 1772 in Oberwiederstedt geborenen Künstlers zeigt, reicht das
Spektrum der Zeugnisse für Werk und Wirkung bis zu Herausgeber-Korrespondenz
für die Novalis-Ausgabe von 1929.
Historische Stiche vergegenwärtigen Studien-Stationen in Wittenberg, Freiberg
oder Jena und private Fluchtpunkte wie die Burg Goseck. In Silhouetten-Bildnissen
wird die Familie von Hardenberg ebenso plastisch wie in den Autografen, die neben
dem Briefwechsel des jungen Poeten mit seinem Kollegen Gottfried August Bürger
auch die rührende Sorge der Mutter um ihren Sohn zeigen.
Erfreulich ist der Verzicht auf jede sentimentale Inszenierung, die angesichts der
Aura durchaus denkbar gewesen wäre: Die Ausstellungsgestalter um Eleonore Sent haben
weder das mutmaßliche Sterbezimmer noch die anderen Wohnräume durch fragwürdige
Rekonstruktionen der ohnehin nicht verifizierbaren Möblierung gestaltet, sondern
setzen in ihrer Präsentation ausschließlich auf authentisches Material. Dass die
Pilgerstätte der Novalis-Gemeinde in der Woche vor dem 200. Todestag dennoch mit
einer Überraschung aufwarten kann, liegt am zweiten Schwerpunkt der Ausstellung.
Denn dank der Initiative von Elisabeth Noelle-Neumann wird in drei Räumen der Kern
der Fritz-Schaper-Hommage gezeigt, die zuvor in Goch am Niederrhein zu sehen war.
Der Bildhauer Schaper (1841-1919), dessen Weißenfelser Würdigung sich durch seine
1872 zum 100. Geburtstag geschaffene Novalis-Büste rechtfertigt, kann trotz der
beengten Räumlichkeiten umfangreich wahrgenommen werden. Die Beschränkung auf seine
Porträt-Arbeiten von Künstlern und Intellektuellen wie Johann Wolfgang Goethe,
Gotthold Ephraim Lessing, Richard Wagner und Ernst Robert Curtius zeigt ihn als
technisch brillanten und in der Ikonografie des öffentlichen Gedenkens versierten
Künstler, ergänzende Fotografien zeigen seine Arbeiten in ihrem Umfeld.
Dort aber, wo vermutlich einst das Totenbett des Dichters stand, präsentiert sich
nun eine der erhaltenen Gips-Arbeiten zu der 1872 auf Betreiben des Weißenfelser
Schulrektors Robert Rosalsky aufgestellten Novalis-Büste neben einem Gesteck mit
einigen der für den Dichter so signifikanten »Blauen Blume«. Der edle,
scharf geschnittene Kopf mit den weichen Locken, dessen auch andernorts überlieferte
Schönheit zweifellos viel zur kultischen Verehrung des Autors beigetragen hat, ist
nicht die einzige künstlerische Annäherung an den Lokalheroen. Grafiken zu seinen
»Hymnen an die Nacht« von Dieter Goltzsche sowie zum Roman »Heinrich
von Ofterdingen« von Dieter Weidenbach runden die Schau ab.
Andreas Hillger, Mitteldeutsche Zeitung, 22. März 2001
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