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Die Königin hat zwar keinen politischen,
aber einen häuslichen Wirkungskreis im
großen. Vorzüglich kommt ihr die Erziehung
ihres Geschlechts, die Aufsicht über die
Kinder des ersten Alters, über die Sitten
im Hause, die Verpflegung der Hausarmen
und Kranken, besonders der von ihrem
Geschlechte, die geschmackvolle Verzierung
des Hauses, die Anordnung der
Familienfeste, und die Einrichtung des
Hoflebens von Rechts wegen zu. Sie sollte
ihre eigne Kanzlei haben, und ihr Mann
wäre ihr erster Minister, mit dem sie
alles überlegte. Zur Erziehung ihres
Geschlechts würde Abschaffung der
ausdrücklichen Anstalten seiner Korruption
gehören. Sollte der Königin nicht beim
Eintritt in eine Stadt schaudern, wo die
tiefste Herabwürdigung ihres Geschlechts
ein öffentliches Gewerbe ist? Die
härtesten Strafen würden für diese echten
Seelenverkäufer nicht zu hart sein. Ein
Mord ist weit schuldloser. Die gepriesene
Sicherheit, die dadurch beabsichtigt wird,
ist eine sonderbare Begünstigung der
Brutalität. So wenig sich die Regierung in
Privatangelegenheiten mischen dürfte, so
sollte sie doch jede Beschwerde, jedes
öffentliche Skandal, jede Anzeige, oder
Klage eines entehrten Gegenstandes auf das
strengste untersuchen. Wem steht das
Schutzrecht des beleidigten Geschlechts
mehr zu, als der Königin? Sie muß für den
Aufenthalt in einer Stadt erröten, die
Asyle und Bildungsinstitute der
Verworfenheit in sich befaßt.
Ihr Beispiel wird übrigens unendlich viel
wirken. Die glücklichen Ehen werden immer
häufiger und die Häuslichkeit mehr, als
Mode werden. Sie wird zugleich echtes
Muster des weiblichen Anzugs sein. Der
Anzug ist gewiß ein sehr richtiger
Ethometer. Er hat leider in Berlin immer
auf einem sehr niedrigen Punkte gestanden,
oft unter Null. Was könnte nicht die
Gesellschaft der Königin auf die jungen
Weiber und Mädchen in Berlin würken? Es
wäre an sich schon eine ehrenvolle
Distinktion und würde die öffentliche
Meinung notwendig wieder sittlich stimmen;
und am Ende ist doch die öffentliche
Meinung das kräftigste Restaurations- und
Bildungsmittel der Sitten.
(RUB 8030, S. 50 f.)
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