Anfang
Es kann kein Rausch sein – oder ich wäre nicht
Für diesen Stern geboren – nur so von ohngefähr
In dieser tollen Welt zu nah an
Seinen magnetischen Kreis gekommen.
Ein Rausch wär wirklich sittlicher Grazie
Vollendetes Bewußtsein? – Glauben an Menschheit wär
Nur Spielwerk einer frohen Stunde –?
Wäre dies Rausch, was ist dann das Leben?
Soll ich getrennt sein ewig? – ist Vorgefühl
Der künftigen Vereinigung, dessen, was
Wir hier für Unser schon erkannten,
Aber nicht ganz noch besitzen konnten –
Ist dies auch Rausch? so bliebe der Nüchternheit,
Der Wahrheit nur die Masse, der Ton, und das
Gefühl der Leere, des Verlustes
Und der vernichtigenden Entsagung.
Womit wird denn belohnt für die Anstrengung
Zu leben wider Willen, Feind von sich selbst zu sein
Und tief sich in den Staub getreten
Lächelnd zu sehn – und Bestimmung meinen.
Was führt den Weisen denn durch d[es] Lebens Tal,
Als Fackel zu dem höheren Sein hinauf –
Soll er nur hier geduldig bauen,
Nieder sich legen und ewig tot sein.
Du bist nicht Rausch – du Stimme des Genius,
Du Anschaun dessen, was uns unsterblich macht,
Und du Bewußtsein jenes Wertes,
Der nur erst einzeln allhier erkannt wird.
Einst wird die Menschheit sein, was Sophie mir
Jetzt ist – vollendet – sittliche Grazie –
Dann wird ihr höheres Bewußtsein
Nicht mehr verwechselt mit Dunst des Weines.
(RUB 7991, S. 40-42)
An Adolph Selmnitz
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Am Sonnabend Abend
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