Friedrich von Hardenberg:
Brief an seine Schwester Karoline im Auftrag der Mutter
Datierung: 1793?
Umfang: 1 Doppelblatt, 2 S. beschrieben
Signatur: V4R
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Erstes, geliebtes Pfand, des ewigen, seligen Bundes
Den ich knüpfte, als noch jugendlich klopfte dis Herz,
Als es zuerst dem Gefühl unsterblicher Liebe sich aufschloß
Und den Einzigen sah, Einzig dem Einzigen ward.
Jahre voll Sorgen und Jahre voll Freuden entflogen seitdem mir
Aber noch klopft ihm mein Herz, eben so glühend wie einst.
Nicht mehr blüht mir der Lenz des Lebens, er blüht mir in euch jezt,
Die mir der Himmel für ihn schenkte dem zärtlichsten Wunsch.
O! wie himmlisch belohnt für manche Stunde des Kummers
Hast du, Tochter, mich nicht, wenn du enthülltest dein Herz,
Und des Vaters Seele in jeder Bewegung hindurchschien,
Jeder Zug ihm entsprach, jedes Gefühl ihn verrieht.
O! dann ward es so wohl der überseligen Mutter;
Ewigen, innigen Dank sah sie zum Himmel hinauf.
[2. Seite]
O! für jegliche Stunde des Leidens, die du mit mir theiltest
Theilen mit mir noch wirst, wenn ich zärtlich und bang
Sitz und sorge, was noch für ein Schicksal der Zukunft
Deine Brüder bedroht, wenn sie nicht sorgsam und klug
Wählen den richtigen Weg und sich zur Thorheit verirren
Taub der Stimme des Raths, blind für die künftige Zeit,
Lohne dir einst das Schicksal mit gleicher, ewiger Liebe
Und geselle dich zu einem dich liebenden Mann,
Der dich leite den Weg des Lebens, so treu, wie dein Vater
Mich ihn geleitet, und du, bleibe mir ähnlich an Treu
Und an Sanftmuth und Liebe; dann, bin ich auch längst schon hinüber,
Decket die kühlende Gruft leichter den schlummernden Staub.
(bis hierher HKA I, 406–407)
[Nachschrift der Mutter]
Daß sind die treuen Gesinnungen u Gefühle Deiner
Dich zärtlich liebenden Mutter von meinen lieben klugen
Friz in schönen Hexameter gesetzt
v Hardenberg.
(Nachschrift HKA I, 679)
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